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Classix Kempten 2022

Hier stimmt der Groove und regeneriert sich die Fuge

Das Kammermusikfestival Classix Kempten trägt einer turbulenten Stadtgeschichte Rechnung.

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Kempten im Herzen des Allgäus hat etwas, das keine Stadt hat: einen Wettergott. Hier kann es selbst bei schönstem Wetter regnen, vorausgesetzt man steht unter der großen, weißen Wolke, die an Drahtseilen befestigt über dem kleinen Platz vor dem Stadttheater schwebt. Zu jeder Stunde nieselt es hier – zur Gaudi der Kinder. Die „barocke“ Installation von Stephan Huber von 2007 passt gut in die Stadt, die immer noch von ihren Kontrasten und ihrer 2000-jährigen Geschichte lebt. Von den Römern auf einem Steilhang hoch über dem Flüsschen Iller als Siedlung errichtet mit Forum, Therme und einem Tempelbezirk, erwuchsen im Mittelalter aus ihr zwei Städte, die sich oft bekämpften: die Freie Reichsstadt Kempten und eine vom Fürstabt regierte Stiftsstadt. Während die weltlichen, meist protestantischen Bürger der Reichsstadt mit Stoffen, Schmiedewaren und dem Salz der Alpen es zu Wohlstand brachten, wurde bei den Benediktiner-Kirchenfürsten nebenan gebetet und gesungen – doch dies keineswegs in Bescheidenheit, sondern in einer riesigen Residenz mit doppeltürmiger Basilika und Prunkräumen im opulent pompösen Rokoko-Stil. Mit der Säkularisation 1818 verloren beide Städte ihre Eigenständigkeit.

Programm mit viel Groove beim Festival Classix Kempten

Auch das Musikfestival Classix Kempten trägt dieser turbulenten Stadtgeschichte Rechnung – zumindest was die Räumlichkeiten anbelangt. 2006 unter dem Namen Fürstensaal Classix gegründet, im Konzertsaal der Fürstäbtlichen Residenz, nennt es sich heute schlicht Classix Kempten und residiert nun im Stadttheater, dem einstigen Salzlager der Reichsstadt. Dem modernen Gebäude mit dem gläsernen Foyerbau sieht man nicht an, dass es eines der ältesten Theater Bayerns ist. Bereits 1654 wurde es bespielt, wie man an dem großem Theatersaal, den imposanten Deckengemälden rund um den mächtigen Kronleuchter und dem historischen Theatervorhang aus dem 18. Jahrhundert sieht.

Unter der künstlerischen Leitung von Benjamin Schmid startet Classix Kempten heuer mit einem genreübergreifenden Programm mit viel Groove: unter anderem eine Uraufführung (Florian Willeitners #Hashtags for Stringquartet), ein virtuoses Duo (BartolomeyBittmann) mit Lichtshow, zwei Mozart-Klavierquartette, ein Piano Trio, dass der Fuge eine „Frischzellenkur“ verpasst und ein Abend „A la française“ mit Ravel und César Franck.

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