Es ergibt sich eine reizvolle Kontrapunktik, wenn ein Festival, das die entlegensten Winkel einer großflächigen Region bespielt, mit London eine der größten europäischen Metropolen als thematischen Überbau wählt. Mit 113 Spielstätten an 68 Orten in Schleswig-Holstein, Dänemark, Hamburg und Niedersachsen wirbt das Schleswig-Holstein Musik Festival für sich, und freilich muss es nicht immer das Ländliche sein, um Musik zu genießen, denn auch Hamburg, Flensburg oder Kiel sind Schauplätze des Festivals. London ist denn auch ein großartiges Thema, um einerseits einen Schwerpunkt zu setzen, andererseits sich aber nicht allzu sehr einschränken zu müssen, denn um die Musikmetropole mit ihrer jahrhundertelangen Historie komplett zu durchleuchten, reichen nicht einmal die 197 Konzerte des Festivals aus.
Von großer Sinfonik über Gypsy-Swing bis zu Musikclowns
Musikalisch wird die große Bandbreite bedient mit Sinfonik vom NDR Elbphilharmonie Orchester, von der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem Kammerorchester Basel und – die englische Hauptstadt darf freilich nicht fehlen – der Academy of St Martin in the Fields oder dem London Philharmonic Orchestra. Darüber hinaus sind zahlreiche Solisten zu erleben, darunter Mischa Maisky, Janine Jansen, Grigory Sokolov, Avi Avital, Benjamin Appl oder Sheku und Isata Kanneh-Mason. Auch die Ensembles bieten einen bunten Blumenstrauß musikalischer Stilrichtungen mit VOCES8, The English Concert, der lautten compagney, dem SIGNUM saxophone quartet oder aber dem Gypsy-Swing-Ensemble Trio Manouche, der pantomimischen Familie Flöz und den fünf Musikclowns von Släpstick.
Porträtkünstler ist in diesem Jahr Daniel Hope. Der Geiger, in London aufgewachsen und an der dortigen Royal Academy of Music ausgebildet, knüpfte bereits Ende der Achtzigerjahre eine Verbindung zum Schleswig-Holstein Musik Festival, als er an der Lübecker Musikhochschule studierte. Anlässlich seines fünfzigsten Geburtstags im August beschenkt Hope sich selbst und das Publikum mit fünfzig Veranstaltungen, die analog zum Festival ein denkbar facettenreiches Programm ergeben mit Zeitgenössischem von David Bruce und Tan Dun, irischer Folklore, Kammermusik, Familienkonzerten, Solorecitals, Workshops mit jungen Talenten und literarisch-musikalischen Abenden.