Was man in Bayreuth auf dem Grünen Hügel spielt, spielt man in Erl vor imposanter Gebirgslandschaft. Tatsächlich erklimmt man in der beschaulich am Inn gelegenen Gemeinde schon seit der Gründung der Tiroler Festspiele Erl im Jahr 1998 mit Wagners Opern Gipfelpunkte des Musiktheaters. Selbst zurzeit der Pandemie legte man die Hände nicht in den Schoß, sondern nahm mit dem „Ring des Nibelungen“ ein Mammutprojekt in Angriff. Nach ihrer Inszenierung der ersten beiden Teile der Tetralogie schließt Regisseurin Brigitte Fassbaender mit „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ in diesem Sommer ihren „Ring“-Zyklus ab. Das Orchester, das im Passionshaus hinter einem Gaze-Vorhang im Bühnenhintergrund spielt, gibt den Sängerinnen und Sängern großen Freiraum zur Entfaltung ihrer Stimmen und somit auch jüngeren Künstlern die Gelegenheit, im Wagner-Fach zu brillieren – oder im Märchenwald von Humperdincks „Königskinder“ stimmlich aufzublühen.
Aber es sind nicht nur Opern, die in Erl auf dem Spielplan stehen. Unter Leitung des Intendanten Bernd Loebe, lockt das Festival auch mit Liederabenden, Orchester-, Kammer und Chorkonzerten sowie Rezitation und Puppenspiel. So ist das Schumann Quartett mit den Brüdern Erik, Ken und Mark Schumann sowie Bratschist Veit Hertenmstein gleich drei Mal in unterschiedlichen Kontexten zu erleben: Beim Eröffnungskonzert, bei dem auch Bruckners „Te Deum“ erklingt, ergänzt es das Festspielorchester um eine kammermusikalische Besetzung in Elgars „Introduction and Allegro“. In Martina Gedecks Lesung umflort es die deutsche Lyrik mit dem Klangkreis der Romantik, zu deren Anfängen es dann im Solokonzert mit Beethoven, Mendelssohn und Schumann zurückkehrt.
Klassik, Jazz und Puppenspiel bei den Tiroler Festspielen Erl
Beethoven und Mendelssohn sind ebenfalls mit von der Partie, wenn sich die Camerata Salzburg für zwei Konzerte mit Geigerin Veronika Eberle und Pianist Fazıl Say in Erl einfindet. Die Fahne des Jazz hält Christian Muthspiel mit dem Orjazztra Vienna hoch, während Puppenspieler Nikolaus Habjan mit der Musicbanda Franui auf den Spuren Georg Kreislers wandert und die Sänger der Internationalen Meistersingerakademie aus Neumarkt einen ebenso reichen Vokalglanz versprechen wie die Wiener Sängerknaben.