Die 99. Ausgabe des beliebtesten Opernfestivals der Welt ist auch eine Hommage an einen der ganz großen italienischen Meister der Regie in Theater, Oper und Film: Franco Zeffirelli. Der 2019 verstorbene Künstler ist im Festival des Sommers 2022 mit gleich vier Inszenierungen präsent: Seine Sicht auf Verdis „Aida“ und „La Traviata“, seine Deutung von Puccinis „Turandot“ und eben seine Bildfindungen für Bizets „Carmen“ stehen im besonderen Fokus des Interesses. Die „Carmen“-Premiere von 2022 setzt freilich die Pläne Zeffirellis erstmals vollständig in die Tat um: So konnte der Florentiner sie selbst nie erleben. Denn es sind nun wichtige szenische Elemente zu bestaunen, die in den bisherigen Wiederaufnahmen niemals realisiert wurden und die Zeffirelli nur entworfen hatte, ohne sie jemals selbst auf der Bühne sehen zu können. Für den Regisseur sollte diese „Carmen“ die endgültige Synthese der Visionen sein, die der Maestro im Laufe der Jahre entwickelt hatte.
Erst jetzt sind die technischen Möglichkeiten gegeben, seine Intentionen im größtmöglichen Umfang der Ursprungsproduktion umzusetzen: ein Ergebnis, das dank der Beteiligung der Franco-Zeffirelli-Stiftung und der früheren Mitarbeiter des Maestros erreicht wurde. Dazu zählen Lucia Real, die die originale Choreografie von El Camborio mit dem Ballett der Arena aufgreift, und das spanische Tanzensemble der Compañia Antonio Gades unter der Leitung von Stella Arauzo. Nach Verdis „Aida“ ist Bizets „Carmen“ der zweitwichtigste Titel der Arena di Verona: Bereits 1914 wurde Bizets realistisches Drama hier erstmals aufgeführt. Der Eröffnungsabend des 99. Arena di Verona Opera Festival ist dem Andenken an zwei der größten Sänger des 20. Jahrhunderts gewidmet, die in der Geschichte der Arena sehr präsent waren: 2022 jähren sich die Geburtstage der Sopranistin Renata Tebaldi und des Baritons Ettore Bastianini zum hundertsten Mal.