Es war die wohl fortschrittlichste und aktuellste Musikaliensammlung Europas: das Archiv der Bonner Hofkapelle. Gefördert vom Kurfürsten und Erzbischof Maximilian Franz von Österreich entstand ab 1784 ein akribisch katalogisierter Notenbestand, der den Musikern der Bonner Hofkapelle die Aufführung der damals aktuellsten Werke zeitgenössischer Komponisten ermöglichte und mit seinen 3500 gelisteten Werken auch für die Nachwelt ein Füllhorn an musik- und aufführungsgeschichtlichen Informationen bieten sollte – hätte sich der Kurfürst nicht durch heraneilende französische Truppen gezwungen gesehen, sein Archiv in Sicherheit zu bringen.
Über Umwege gelangte es in den Bestand der Bibliothek von Modena, jedoch zerstreut und ohne detaillierte Aufzeichnungen. Heute rekonstruieren die Universität Wien und das Bonner Beethoven-Haus in Kooperation mit dem Beethovenfest jenes legendäre Archiv – auch mit dem Ziel, Auszüge der Sammlung bei den Beethovenfesten mit dem Orchester l’arte del mondo unter der Leitung von Werner Ehrhardt der Öffentlichkeit zu präsentieren. In diesem Jahr stehen Werke auf dem Programm, die der junge Beethoven als Bratscher der Bonner Hofkapelle kennenlernen durfte – unter anderem von Joseph Reicha, Vincenzo Righini und Wolfgang Amadeus Mozart.