Es ist eine musikalische Gegenüberstellung der ganz besonderen Art, die Klavier-Liebhaber einmal im Jahr in Hamburg geboten bekommen – und gleichzeitig eine eindrucksvolle Zeitreise in die Vergangenheit: Das Chopin Festival Hamburg hat es sich als einziges Festival der Bundesrepublik zur künstlerischen Aufgabe gemacht, die Klangwelten moderner und historischer Tasteninstrumente im Vergleich zu präsentieren und somit außergewöhnliche Konzert- und Hörerlebnisse für Klavierliebhaber entstehen zu lassen.
Möglich wird dies durch die Zusammenarbeit mit dem Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, das nicht nur seinen Spiegelsaal als Festivalspielstätte zur Verfügung stellt, sondern gleichzeitig über einen restaurierten Flügel aus der Zeit Frédéric Chopins in seiner Sammlung verfügt, dessen Klang den Festivalbesuchern einen authentischen Eindruck der Musik zu ihrer Entstehungszeit ermöglicht und in der dramaturgischen Konzeption der Gegenüberstellung mit modernen Konzertflügeln eine einzigartige musikalische Zeitreise bietet.
„Special Edition“: das Chopin Festival Hamburg im Stream
In diesem Jahr dürfen sich die Festivalbesucher auf eine „Special Edition“ des Chopin Festivals freuen, das mit insgesamt vier Livestream-Konzerten und einem Online-Meisterkurs den Musikgenuss pandemiekonform in die heimischen vier Wände bringt. Insgesamt vier Pianistinnen und Pianisten sowie ein Cembalist sind für die diesjährige Festivalausgabe der Einladung von Intendant Hubert Rutkowski gefolgt, der das Festival persönlich am 11. Juni gemeinsam mit Severin von Eckardstein mit Werken von Mozart, Chopin, Debussy, Rachmaninow und Saint-Saëns eröffnen wird. Des Weiteren erwarten die Zuschauer Konzerte von Mari Kodama, Tomasz Ritter, Stepan Simonian und Cembalist Menno van Delft.
„Wir sind außerordentlich glücklich, dass das Festival in dieser besonderen Form stattfinden kann“, sagt Hubert Rutkowski, der in dem Onlineformat sowohl eine Chance für das Festival als auch für die Interpretinnen und Interpreten sieht. „Wir haben durch die Corona-Pandemie eine Chancengleichheit aller Musiker und Zuschauer. Jeder ist auf Onlineformate angewiesen, und wir als Chopin Gesellschaft Hamburg & Sachsenwald e.V. freuen uns auf dieses spezielle Experiment.“
Mari Kodama, die das zweite Konzert am 12. Juni mit Werken von Chopin, Ravel und Dutilleux bestreitet, wird dabei sowohl an einem Érard-Flügel von 1880 als auch an einem modernen Konzertflügel von Shigeru Kawai zu erleben sein, Tomasz Ritter präsentiert beim „Mittagskonzert am Pleyel-Flügel“ am 13. Juni Werke von Schubert, Beethoven und Chopin auf einem Instrument aus dem Jahr 1847. Den Abschluss bilden, ebenfalls am 13. Juni, Cembalist Menno van Delft und Pianist Stepan Simonian, die mit einem Cembalo von 1728 und einem modernen Kawai-Flügel in ihrem Programm „Around Bach – Rezital auf Cembalo und Flügel“ einen Klangkontrast der besonderen Art entstehen lassen. Abgerundet wird das Programm mit einem Online-Meisterkurs aus der Shigeru Lounge des Kawai Pianohaus Hamburg mit Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, der unter der Leitung von Konzertpianistin Dina Yoffe stattfinden wird.
Reset für die Ohren
„Die Auswahl der Instrumente für die einzelnen Werke ist jedes Mal eine besondere Freude“, beschreibt Rutkowski die dramaturgische Planung des Festivals. Die Möglichkeiten der historischen Aufführungspraxis sieht er dabei selbst als noch lange nicht ausgeschöpft: „Für die Musiker ist es durchaus eine große Herausforderung, sich mit den historischen Instrumenten zu befassen. Die Mechanik eines Flügels aus der Chopin-Zeit ist schließlich etwas komplett anderes als die eines modernen Instrumentes.“ Obendrein sieht Rutkowski in der Verwendung von historischen Instrumenten ein pädagogisches Ziel des Festivals: „Wir möchten Pianistinnen und Pianisten inspirieren und vielleicht auch von vorgefertigten Meinungen über alte Instrumente wegbringen.“ So weiß Rutkowski, dass gerade auf historischen Instrumenten oftmals ungeahnte Klangwelten erzeugt werden können. „Es ist eine klangliche Erfrischung für unsere globalisierte Welt, wo jeder zu wissen glaubt, wie alles klingen soll.“
Um den Zuschauern auch zu Hause einen bestmöglichen Klangvergleich zu ermöglichen, wird das Festival, dessen Hauptsponsor die ORLEN Deutschland GmbH ist, in diesem Jahr von einem technischen Team unter der Leitung eines Tonmeisters auf höchstem klanglichem Niveau gestreamt. „Der Klang der historischen Instrumente ist für viele Zuschauer wie ein Reset für ihre Ohren“, berichtet Rutkowski auch im Rückblick auf die beiden vergangenen Festivalausgaben – ein spannenderes Angebot kann ein Musikfestival seinem Publikum wohl kaum machen.
Die Livestreams der diesjährigen „Special Edition“ des Chopin Festivals Hamburg sind zu finden unter www.chopin-festival.de. Sowohl die Konzerte als auch der Meisterkurs sind kostenfrei aufrufbar.