Seit der Klimawandel immer mehr die gesellschaftlichen Diskurse bestimmt, gerät auch die Musikszene auf die Anklagebank. Schließlich treten Geigerinnen, Pianisten und internationale Orchester gern am Sonntag in London, am Montag in Wien und am Dienstag in Paris auf – ohne das Flugzeug scheint der musikalische Tourneebetrieb kaum denkbar. „Unvermeidlich irreversible Folgen globalen Ausmaßes“ prophezeite die Deutsche Physikalische Gesellschaft bereits anno 1971 und schrieb: „Seit einigen Jahren verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass der Mensch nicht nur Regen machen kann, sondern auch das Klima langfristig beeinflusst.“
Fünfzig Jahre später sind die Folgen dieser Entwicklung deutlicher denn je spürbar. Energie, Wirtschaft, Wohlstand und Klima sind in einem Netz von Abhängigkeiten verbunden, wirklich weitsichtige Entscheidungen fallen der Politik schwer. Die polnische Komponistin Grażyna Bacewicz starb zwar bereits 1969 in Warschau, konnte die Warnungen der deutschen Forscher kaum kennen. Für sie stand statt des Kampfes gegen den Klimawandel die Emanzipation als Komponistin in einer patriarchal geprägten Musikwelt im Mittelpunkt. Ihr Konzert für Streichorchester – am 19. August gespielt von den jungen Streichern der DAVOS FESTIVAL Camerata – sprüht vor Lebendigkeit und erinnert an ein barockes Concerto Grosso im Gewand eines modernen Orchesters. Lesungen aus historischen und aktuellen Berichten zum Klimawandel stellen ihr Werk in einen neuen Kontext. Die 1979 geborene britische Komponistin Naomi Pinnock schreibt für das Konzert eigens ein neues Werk für Violine und Viola.