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Gipfeltreffen der Vokalkunst und viele Sichten auf Bach

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  • Gipfeltreffen der Vokalkunst und viele Sichten auf Bach

Musikfest Stuttgart 2023

Unter dem Motto #natürlich erkundet das Musikfest Stuttgart der Internationalen Bachakademie Stuttgart vom 16. Juni bis 2. Juli 2023 die Natur als Kosmos und Lebensraum, die Natur des Menschen und sein natürlichstes Instrument – die Stimme.



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Wie hat sich unser Verhältnis zur Natur im Laufe der Jahrhunderte gewandelt? Mit welchen Wünschen und Ängsten blicken wir heute auf unseren natürlichen Lebensraum? Und auf welche Weise schwingen unser seelisches Befinden und unsere Verortung in der Welt im Klang des natürlichsten aller Instrumente, der menschlichen Stimme, mit? Diese Fragen stellt das diesjährige Musikfest Stuttgart der Internationalen Bachakademie unter dem Motto #natürlich mit 21 Konzerten und einem vielfältigen Rahmenprogramm.

Dass die christliche Ursprungserzählung der Menschheit sich im Eröffnungskonzert in der Liederhalle in den Stimmen und der zukunftsgerichteten Perspektive von zweihundert Stuttgarter Schulkindern spiegelt, ist da nur konsequent. Auf dem Programm der Gaechinger Cantorey unter Hans-Christoph Rademann steht eine Bearbeitung von Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“. Nicht nur aus religiöser, auch aus weltlicher Sicht hat der Wiener Klassiker das Verhältnis von Mensch und Natur beleuchtet und damit ein zentrales Thema der Aufklärung aufgegriffen. Wer hinter die heiter-lockeren ländlichen Szenen und lautmalerischen Naturbilder des Oratoriums „Die Jahreszeiten“ schaut, das die Gaechinger Cantorey klanglich aufblühen lässt, entdeckt tiefergreifende Themen: die Demut gegenüber der Natur, der man einerseits ausgeliefert ist und mit der man sich andererseits noch in harmonischer Übereinkunft befindet.

„Stimme pur“ erleben

Eine feinstens austarierte harmonische Übereinkunft darf man auch von den hochkarätigen Ensembles erwarten, die im Rahmen der Reihe „Stimme pur“ mit reinen A-cappella-Programmen den natürlichsten musikalischen Ausdruck des Menschen feiern. Der Thomanerchor Leipzig hebt klingende Schätze aus Mitteldeutschland und beleuchtet damit in der Schlosskirche Winnenden seine eigene, 800 Jahre währende Geschichte. The Tallis Scholars krönen ihr 50-jähriges Jubiläum mit Chormusik des 16. und 17. Jahrhunderts von Thomas Tallis über John Sheppard bis zu William Byrd. Das SWR Vokalensemble ehrt György Ligeti, der vor hundert Jahren geboren wurde, mit dessen Chorwerken und bringt ein ihm gewidmetes Stück des Ungarn Márton Illés zur deutschen Erstaufführung.

Spürt gesanglich den Zyklen des Lebens nach: Ensemble Sjaella
Spürt gesanglich den Zyklen des Lebens nach: Ensemble Sjaella

Der Lettische Rundfunkchor formt mit Francis Poulencs epochalem Meisterwerk „Figure humaine“ auf einen Text von Paul Éluard das menschliche Antlitz musikalisch nach, während er mit „On the Dignitiy of Man“ des Zeitgenossen Bernd Franke die Würde des Menschen auf den Prüfstand stellt. Nicht zuletzt sind es die sechs Frauen des Leipziger A-cappella-Ensembles Sjaella, bei denen man die „Stimme pur“ erleben kann und die mit ihrem Programm „Origins“ den natürlichen Zyklen des Lebens nachspüren.

Von der Variation zur Improvisation

Einen musikalischen Variationenzyklus, der sich ebenfalls ganz natürlich entwickelt – nämlich aus dem Thema der vorangestellten Aria – hat Johann Sebastian Bach mit seinen „Goldberg-Variationen“ der Nachwelt hinterlassen. Der französische Cembalist Jean Rondeau spielt das beliebte Werk zunächst in der Liederhalle auf dem Cembalo, bevor er es einen Tag später im Hospitalhof zusammen mit dem Perkussionisten Tancrède Kummer zum Ausgangsmaterial gemeinsamer Improvisationen macht. Neben Rondeau präsentieren noch viele andere Spitzenmusiker der internationalen Barockszene ihre „Sichten auf Bach“. Die auf sieben Termine erweiterte Reihe wurde auf Wunsch vieler Besucherinnen und Besucher auf den Abend verlegt und beginnt mit der Besteigung eines Gipfels der geistlichen Musik, wenn das Bach Collegium Japan unter der Leitung von Masaaki Suzuki Bachs h-Moll-Messe mustergültig zum Strahlen bringt.

Cembalist in Perfektion: Jean Rondeau
Cembalist in Perfektion: Jean Rondeau

Zur intimen Nachmusik bei Kerzenschein in die Hospitalkirche lädt der französische Lautenist Thomas Dunford mit zwei Cello-Suiten und der ergreifenden Ciaccona aus der Partita Nr. 2 d-Moll für Violine solo, während in der Stiftskirche das Ensemble Les inAttendus mit Akkordeon, Bassgambe und Barockvioline Bachs „Kunst der Fuge“ in einem unerwarteten Klangrahmen vergoldet.

Motetten und Kantaten zum Abschluss

Ein wahres Mammutprojekt hat sich die Gaechinger Cantorey für die Saison 2023/24 vorgenommen. Zum 300. Jubiläum von Bachs Leipziger Amtsantritt stellt sie unter dem Motto „Vision.Bach“ sämtliche Kantaten vor, die der frischgebackene Thomaskantor in seinem ersten Amtsjahr geschrieben hat. Fünf der schönsten dieser geistlichen Werke, die der große Barockmeister im Wochenrhythmus abzuliefern hatte, werden am 24. Juni im Rahmen des Musikfests dargeboten, das dem Publikum an diesem langen Abend ein kostenloses Menü spendiert.

Gemeinsam mit dem Thomanerchor präsentiert das Orchester der Gaechinger Cantorey seine „Sicht auf Bach“
Gemeinsam mit dem Thomanerchor präsentiert das Orchester der Gaechinger Cantorey seine „Sicht auf Bach“

Das Jahr 1723, das durch Bachs Übersiedelung nach Leipzig die Musikgeschichte veränderte, bildet auch die Klammer für das Abschlusskonzert, bei dem der ehemals von Bach geleitete Thomanerchor und das Orchester der Gaechinger Cantorey gemeinsam das Podium betreten und mit Motetten und Kantaten den berühmtesten aller Thomaskantoren feiern. Eine „Sicht auf Bach“, die lange nachhallen dürfte. Ein Rahmenprogramm aus Vorträgen, kostenlosen Konzerten im Freien, Künstlergesprächen, Kunstführungen in der Staatsgalerie, Gottesdiensten und kulinarischen Einlagen rundet das Festivalprogramm ab.

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