Mit durchschnittlich zwei Aufführungen pro Tag ist Georges Bizets „Carmen“ eine der meistgespielten Opern der Welt. Der französische Regisseur Arnaud Bernard verlegt die Geschichte über die schicksalhafte Liebe einer Fabrikarbeiterin aus Sevilla in ein Hollywood-Filmset der Fünfzigerjahre. „Die Meisterwerke der Oper geben immer die Möglichkeit, sie aus anderen, neuen und interessanten Blickwinkeln zu sehen, ohne sie verfälschen zu müssen“, erklärt Bernard, der als jüngster Regisseur der berühmten Arena di Verona bereits Puccinis „La Bohème“ und Verdis „Nabucco“ publikumswirksam in Szene gesetzt hat. Seine langjährige Erfahrung mit spektakulären Open-Air-Inszenierungen hilft ihm – unterstützt durch das assoziationsreiche Bühnenbild von Alessandro Camera und die stilgerechten Kostüme von Carla Ricotti – bei der Personenführung auf der großen Freilichtbühne im Steinbruch.
Eine starke, freie Frau
Als „Carmen“ 1875 in Paris uraufgeführt wurde, war das Publikum zunächst schockiert: Die realistische Milieuschilderung konnte moderner nicht sein. „Ende des 19. Jahrhunderts war das emanzipatorische Verhalten einer freien Frau ein Skandal“, erklärt der Regisseur. Unter diesem Licht betrachtet ist die Rolle der Carmen für Joyce El-Khouri ein logischer nächster Schritt, verkörperte die Sopranistin doch bereits als Mimì („La Bohème“), Violetta („La traviata“) oder Liù („Turandot“) die berühmtesten und vor allem kontroversesten Frauenfiguren der Operngeschichte.