Gemeinsam mit 38 Kommunen – darunter der Stadt Zwickau – ist Chemnitz in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas. Als Replik auf den Slogan „C the unseen“, mit dem Chemnitz das Kulturhauptstadtjahr begeht, hat sich Zwickau „Ungeahnt sehenswert!“ zum Motto gemacht. In diese Kerbe schlägt auch das diesjährige Schumann-Fest Zwickau, das Komponistinnen in den Fokus rückt: Unentdecktes und selten Wahrgenommenes soll sicht- und hörbar gemacht werden, und zwar im Besonderen die weibliche Seite der Musik. Komponistinnen finden zwar inzwischen vermehrt Beachtung im Konzertleben, doch sind wir noch immer am Anfang eines langen Prozesses von Neu- und Wiederentdeckungen. So werden beim Schumann-Fest kaum wahrgenommene, teils gar unaufgeführte Werke in den Mittelpunkt gerückt.
Eine weit verzweigte Musiktradition, die es zu entdecken gilt
Gleich beim Eröffnungskonzert (5.6.) mit den Clara-Schumann-Philharmonikern, traditionsgemäß ausgerichtet im Konzert- und Ballhaus „Neue Welt“, steht nicht nur Clara Schumanns Klavierkonzert auf dem Programm – Solistin ist Mirjam Hinrichs –, sondern auch die sechste Sinfonie von Emilie Mayer, der bekanntesten Zeitgenossin Schumanns. Von Vitězslava Kaprálová stammt die „Suita Rustica“, die ebenfalls erklingt. Die Tschechin wurde nur 24 Jahre alt, ehe sie 1940 im französischen Exil starb, doch belegen fast fünfzig Werke ihren schöpferischen Genius. Eine Erstaufführung wiederum ist die „Para-Ode“ von Rino Murakami. Die junge Japanerin stellt dieses Werk in die Tradition des Concerto grosso. Am Pult steht an diesem Abend die international vielgefragte tschechische Dirigentin Alena Hron. In ihrer Heimat wurde sie die erste Chefdirigentin überhaupt, als sie die Leitung des South Czech Philharmonic übernahm. Von Kaprálová spielte sie mit dem Janáček Philharmonic Orchestra sämtliche Orchesterwerke ein.

Von Liederabenden über Sinfoniekonzerten bis zu Erstaufführungen
Auf das sinfonische Eröffnungskonzert folgt tags darauf ein Liederabend mit der israelischen Mezzosopranistin Hagar Sharvit, die 2016 zu den Preisträgerinnen des Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerbs in Zwickau gehörte. Auch hier stehen unter anderem mit Clara Schumann, Pauline Viardot-Garcia, Lili Boulanger und Rebecca Clarke ausschließlich Komponistinnen auf dem Programm. Am Klavier begleitet wird Sharvit von Tatjana Dravenau (6.6.). An eine weltbekannte TV-Serie um vier New Yorker Frauen lehnt sich das Konzert „Sax in the City“ an, in dem Saxofonistin Yuina Takamizo gemeinsam mit Pianistin Yukari Nabata im Bürgersaal des Rathauses einen bunten Blumenstrauß an Originalwerken und Arrangements für Saxofon und Klavier präsentiert mit Werken von Lili Boulanger, Clara Schumann, Jenni Watson und Ida Gotkovsky (7.6.), ehe Mitglieder der Clara-Schumann-Philharmoniker den 215. Geburtstag Robert Schumanns bei freiem Eintritt würdigen (8.6.). Ein weiteres Geburtstagskonzert gibt mit romantischen Klaviertrios von Komponistinnen des 19. Jahrhunderts das Trio Vivente (8.6.).
Am vorletzten Abend des Schumann-Fests kommt es zur Erstaufführung einer Gemeinschaftskomposition von Clara und Robert Schumann durch die belgisch-schweizerische Pianistin und Organistin Els Biesemans: ein Präludium mit Fuge in f-Moll. Biesemans stellt als Expertin für historische Tasteninstrumente dieses Werk in Zusammenhang mit Kompositionen von Fanny Hensel, Clara Schumann und Delphine Schauroth (14.6.). Seinen Abschluss findet das Schumann-Fest im Rahmen eines Gottesdienstes mit dem Domchor unter der Leitung des Domkantors Karl Joseph Eckel in St. Marien (15.6.). Auch hier stehen Komponistinnen im Fokus.

Schumann für alle
Die klassischen Konzertformate sind aber nur ein Teil des Schumann-Fests Zwickau. Ein großer Teil des Programms zielt auch darauf ab, „Schumann für alle“ zu bieten. Gleich zu Beginn des Festivals finden im Robert-Schumann-Haus wie auch im Robert Schumann Konservatorium Meisterkurse statt, die Zuhörer bei freiem Eintritt besuchen können (5.–9.6.). Auch das Abschlusskonzert am Pfingstmontag steht allen Interessierten offen (9.6.). Gleich am zweiten Festivaltag feiert zudem die Ausstellung „Die Schumanns und Chemnitz“ Vernissage (6.6.). Hintergrund sind die vielschichtigen Bezüge der Familie zur Stadt: Robert Schumanns Vater August lieferte eine umfängliche Beschreibung der Stadt Chemnitz in seinem Post-, Staats- und Zeitungslexikon, Clara Schumann trat mehrfach in Chemnitz auf, und Robert Schumann arbeitete mit Chemnitzer Sängerinnen wie Amalie Scholl und Rosalie Tittel zusammen. Außerdem entstand die Märchen-Vertonung „Der Rose Pilgerfahrt“, eines der bedeutendsten Werke Schumanns, auf eine Textvorlage des Chemnitzer Dichters Moritz Horn.
Am Pfingstmontag findet zum dritten Mal das Fahrradkonzert statt. In diesem Jahr geht die Tour von Zwickau über Mosel nach Glauchau und zurück über den Mülsengrund wieder nach Zwickau. Übrigens kann man den kostenlosen Konzerten an den jeweiligen Stationen auch lauschen, ohne dabei die Fahrradtour mitzumachen (9.6.). Ein Kindernachmittag bringt dem Nachwuchs das Wunderkind Clara Schumann nahe mit Geschichten, Musik und Tanz (10.6.), tags darauf wird der äußerst sehenswerte Film „Komponistinnen. Eine filmische und musikalische Spurensuche“ von Kyra Steckeweh und Tim van Beveren aus dem Jahr 2018 gezeigt (11.6.).

Über die Musik hinaus
Eine liebgewonnene Tradition beim Schumann-Fest ist auch das Schülerkonzert des Robert Schumann Konservatoriums, welches die hervorragende musikalische Förderung junger Musiker in den Mittelpunkt rückt (12.6.). Und ein weiterer Höhepunkt bei den Veranstaltungen mit freiem Eintritt ist das romantische Lichterfest mit vielen Stationen im Park rund um den Zwickauer Schwanenteich (Titelbild). Mit dem Programm „Strings in Motion“ der Harfenistin Lea Maria Löffler und des Lichtdesigners Lucas Paul Grey werden die Klänge der 47 Harfensaiten computergestützt in eine Kunstprojektion umgewandelt, so dass ein faszinierendes Klang-Bild-Kaleidoskop entsteht. Außerdem auf der Hauptbühne zu erleben: die Zwickauer Salonmusikanten und die Formation SwingKONaction.