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„Die Kinder haben es verdient“

Young Euro Classic

Seit seiner Gründung im Jahr 2000 bringt Young Euro Classic jährlich Jugendorchester aus aller Welt im Berliner Konzerthaus zusammen. In diesem Jahr findet das Festival vom 30. Juli bis 15. August statt und bietet zu den fein kuratierten Programmen ein üppiges Rahmenprogramm, das sich an Kinder und Jugendliche richtet.



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Stefan Kelber leitet seit vielen Jahren internationale Jugendorchester und weiß als stellvertretender Leiter der Musikschule Paul Hindemith in Berlin-Neukölln, wie wichtig gemeinsames Musizieren für Heranwachsende ist. Hier spricht er über das Projekt der Juniorakademie beim Young Euro Classic Festival 2021. 

In der Juniorakademie treffen das Musikschulorchester Neukölln und das französische Jugendorchester El Camino aufeinander. Wie kam es dazu?

Stefan Kelber: Das Young Euro Classic Festival hat uns angefragt, ob wir uns so ein Projekt in Coronazeiten vorstellen können. Nach einigen Überlegungen haben wir uns aber gedacht: Absagen kann man immer noch. Es ist der Traum eines jeden Jugendorchesters, bei diesem Festival zu spielen, insofern ist es uns eine Ehre und wir haben kaum gezögert. Die Kinder haben es verdient, nach so langer Zeit der Abstinenz an einem so tollen Event teilzunehmen und ausgiebig zusammenzuspielen. 

Wie laufen die Vorbereitungen unter den immer noch geltenden Hygienemaßnahmen?

Kelber: Wir sind schon weit gekommen, mussten aber ungewöhnliche Wege gehen. In Berlin war es bis vor Kurzem gar nicht möglich, mehr als vier Kinder gleichzeitig zu unterrichten. Das komplette Notenmaterial haben wir daher digital versandt, die Kinder haben uns Aufnahmen geschickt, die wir gemeinsam reflektiert haben. Insgesamt war der Aufwand viel größer als unter normalen Umständen, es hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Die letzten zwei Wochen vor dem Konzert am 8. August werden wir zusammenkommen und sind gespannt, was dabei herauskommt! Unser Hygienekonzept sieht vor, die Jugendlichen jeden zweiten Tag auf Corona zu testen. 

Was ist das Ziel der Juniorakademie?

Kelber: Wir wollen Kinder für das Ensemblespiel begeistern. Corona hat uns da geradezu den Boden unter den Füßen weggezogen, denn wir konnten fast zwei Jahre keine richtigen gemeinsamen Proben anbieten. Wir hoffen, dass wir durch dieses Projekt neuen Schwung in Neukölln bekommen. Tatsächlich haben wir nach nur ein bisschen Werbung viele neue Anfragen erhalten. Auch der kulturelle Austausch ist uns wichtig. In diesem Alter ist die Sprache zweitrangig, die Kinder verständigen sich über die Musik. So, wie sich die Gesellschaft mancherorts gerade auseinanderentwickelt, ist dieses interkulturelle Projekt eine Gegenbewegung, um das Gemeinsame in Europa zu stärken. 

Gibt es denn Unterschiede zwischen französischer und deutscher Musikvermittlungs-Kultur?

Kelber: Allein schon die Musiksysteme sind unterschiedlich – sogar die Noten heißen anders. Aber auch die Pädagogik und die Herangehensweise an die Werke unterscheiden sich. Da bin ich auch gespannt, wie das mit meinen Kollegen wird. Da muss man sicher auch Kompromisse machen, aber erfahrungsgemäß ist gerade das der Schlüssel zum Erfolg.  

Wie wird sich die Probenarbeit mit den so unterschiedlichen Jugendlichen gestalten?

Kelber: Die Jugendlichen sind zwischen zehn und sechzehn Jahre alt und auch auf unterschiedlichem musikalischen Niveau. In der ersten Woche sind es rund 36 Neuköllner, dann kommen ein paar Tage später die Franzosen mit 38 Kindern dazu. Alle spielen nicht immer gleichzeitig, aber es ist schon ein stattliches Ensemble. Die Partituren sind auf die Jugendlichen individuell zugeschnitten, so dass alle mitspielen können. Mentoren aus Neukölln und Frankreich helfen uns, in Gruppen zu arbeiten. Wir proben in der Musikschule Paul Hindemith Berlin-Neukölln und im Kulturstall von Schloss Britz, die Generalprobe findet natürlich schon im Konzerthaus statt. 

Wie kamen Sie denn zum Dirigieren und zur Jugendarbeit?

Kelber: Ich hatte eine vielseitige musikalische Ausbildung. Von der Geige wechselte ich zunächst zu einem Viola-Studium an der Musikhochschule Köln. Außerdem habe ich auch Musikalische Früherziehung studiert. Dann wurde ich empfohlen, einen Chor zu übernehmen. Von da an entwickelte ich mich in diese Richtung, weil ich gut mit jungen Menschen umgehen kann und gerne vermittle. Ich empfinde das als außerordentlich fruchtbar. Momentan dirigiere ich viele Jugendorchester in der ganzen Welt, z.B. in Bolivien, Ecuador oder Australien. Außerdem bin ich Leiter des Jugendsinfonieorchesters Schwerin und Leiter des Kammerorchesters Schloss Britz.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Kelber: Wir hoffen, dass wir alle gesund bleiben. Es ist wichtig, dass wir Spaß an der Musik und am gemeinsamen Musizieren haben. Wenn irgendetwas schiefläuft, wünsche ich uns Gelassenheit, um einen positiven Umgang damit zu finden. Das ist das A und O bei der Jugendarbeit, das Gute an der jeweiligen Situation zu sehen. Auch aus der Corona-Krise werden wir gestärkt herausgehen. Wir können die Kinder nicht weiter „einsperren“ und müssen Möglichkeiten finden, sie wieder zusammenzubringen. Jugendliche brauchen einander – und die Musik.

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