Ihr neues Buch trägt den Untertitel „Ein Musikverführer“. Muss man die Menschen überhaupt noch zu Beethoven verführen?
Eleonore Büning: Unbedingt! Es gibt von Beethoven so viele Werke, die noch zu wenig bekannt sind. Was ist beispielsweise mit den Streichtrios oder den über achtzig Liedern, die er komponiert hat? Beethoven stellt viel mehr dar, als es der Mythos um seine Person eigentlich zulässt.
Ein älteres Buch von Ihnen heißt „Wie Beethoven auf den Sockel kam“.
Büning: Ich wollte wissen, wie es dazu kommen konnte, dass Beethoven 1790 in Wien noch ein Komponist unter vielen war und fünfzehn Jahre später zum „Grökoz“, einem „größten Komponisten aller Zeiten“ werden konnte. Ich fand heraus, dass der Beethovenmythos maßgeblich in Berlin entstanden ist, in der Berliner Allgemeinen Musikalischen Zeitung. Das hatte natürlich auch politische Gründe.
Wie ist denn Ihre Sicht auf Beethoven?
Büning: Es gibt Werke von ihm, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde, zum Beispiel fast alle Klaviersonaten. Andere halte ich nicht für ganz so gelungen, weil sie Gelegenheitswerke oder eine Vorstufe zu etwas Größerem waren. Aber es gibt von Beethoven eine unendliche Fülle an Stücken, die uns immer wieder etwas Neues zu sagen haben. Keine Frage: Ich liebe seine Musik – so, wie ich die von Schubert, Mozart, Mahler und Brahms auch liebe.