Gibt es eine musikalische Leidenschaft aus Ihrer Studienzeit, der Sie noch immer frönen?
Michail Paweletz: Ganz klar der Kammermusik. Ich habe im Studium sehr viel im Streichquartett gespielt und ein Jahr bei Walter Levin in Essen studiert. Bei einem Streichquartett fasziniert mich das Austarieren. Das Bild der „Ehe zu viert“ trifft es ganz gut. Diese extreme Experimentierfreude der Komponisten findet man weniger in Orchesterwerken. Weil mir die Kammermusik fehlte, habe ich letztes Jahr mit der Pianistin Yun Xu und dem Cellisten Benjamin Sprick das ensemble differànce gegründet.
Was hat Sie von der Musik zum Journalismus gezogen?
Paweletz: Eine Verkettung von Umständen. Nach meinem Abschluss wollte ich in Hamburg für Probespiele üben. Ich half bei den Hamburger Symphonikern aus und brauchte noch einen anderen Job. Da sprach mich ein Kollege an, ob ich das Nachtkonzert beim NDR moderieren könnte. Da hieß es von Anfang an, es könne sein, dass ich auch mal Nachrichten spreche.
Haben Sie das Gefühl, etwas verpasst zu haben?
Paweletz: Ich hätte gerne in einem internationalen Top-Orchester gespielt, aber es hat am Ende nicht geklappt. Ich glaube, weil ich immer mehr daran gezweifelt habe, dass ich der richtige Typ fürs Orchester bin. Beim NDR konnte ich den Beruf des Journalisten erlernen. Mein heutiger Job ist meine zweite Berufung. Musizieren gibt mir noch immer viel, weil ich das Gefühl habe, auf diese Weise gestalten zu können und das vielleicht sogar freier, weil ich davon nicht leben muss.