Sie sind Mitgründerin des Vereins „Zukunft Kultur“, der Opern gemeinsam mit Geflüchteten produziert hat. Gibt es den Verein noch und haben Sie als Kulturamtsleiterin der Stadt Lahr überhaupt noch Zeit dafür?
Cornelia Lanz: Ja, den Verein gibt es noch und er produziert jetzt auch bei unserem Projekt „Der Barbier von SevilLahr“ mit. Aber das war schon eine andere Zeit, als wir mit den Geflüchteten noch so eng zusammenarbeiten konnten. Corona erschwert diese Arbeit ungemein. Wir haben zwar digitalen Kontakt, aber es ist etwas völlig anderes, als wirklich gemeinsam eine Oper auf die Beine zu stellen.
Was verbirgt sich hinter dem Residenzprogramm „Villa Jamm Artists“?
Lanz: Wir haben in Lahr eine wunderbar verwunschene Villa im Stadtpark. Diese Villa Jamm, benannt nach dem einstigen Eigentümer Christian Wilhelm Jamm, haben wir aus dem Dornröschenschlaf erweckt und machen dort im Sommer ein spartenübergreifendes Open-Air-Programm mit Bildender Kunst, Oper, Ballett, Lesungen und Workshops. Insgesamt sind 136 Künstler an 27 Produktionen und über 100 Workshops beteiligt.
Wie ist der Rückhalt von Seiten der Stadt?
Lanz: Also die Bevölkerung reagiert sehr positiv. Aber auch die Stadtverwaltung – obwohl ich sie zeitweise ziemlich gestresst habe. (lacht) Denn es war eine große Herausforderung, die Villa für die Künstler auf Vordermann zu bringen. Wir sind ja eigentlich ein Gastspielbetrieb und nicht gewohnt, selbst zu produzieren.
Welchen Vorteil sehen Sie in Ihrer Doppelfunktion als Sängerin und Kulturamtsleiterin?
Lanz: Der Vorteil ist, dass ich beide Seiten kenne. Ich kann die Situationen der Musiker gut nachvollziehen, weiß aber auch, welche Regeln und Vorschriften in der Stadtverwaltung gelten. Wir haben nun mal Vorbildcharakter. Aber es tut schon weh, wenn zum Beispiel Kita-Kinder vorbeispazieren und ich mit ihnen wegen Corona nicht mal eben „Königin der Nacht“ singen darf. Das bringt mich manchmal in schizophrene Situationen. Aber es gibt diese Regeln nun einmal, hauptsächlich auch, um unser Publikum bestmöglich zu schützen. Und diesen Spagat versuche ich momentan hinzubekommen. Zum Glück wollen auch alle in meinem Umfeld, dass es klappt, und es gibt niemanden, der uns Steine in den Weg legt.
Sind sie eher vorsichtig oder gehen Sie lieber aufs Ganze?
Lanz: Wir wurden jetzt so lang weggesperrt und wir wollen wieder Kultur schaffen. Ich finde es traurig, wenn ich daran denke, wie viel ich in den letzten vierzehn Monaten vielleicht auch verpasst habe. Ich denke, mit halber Kraft kann man als Herzblutkünstler sowieso nichts machen. Entweder man macht es ganz oder gar nicht. Und wir machen es ganz!
Was halten Sie von digitalen Angeboten?
Lanz: Wir haben einen digitalen Kultur-Stammtisch gegründet, der immer am ersten Donnerstag im Monat stattfindet. Dort sind übrigens auch die „Villa Jamm Artists“ vertreten. Und der kommende Stammtisch stellt genau diese Frage, ob digitale Kultur die Live-Kultur ersetzen kann. Ich denke natürlich nein. Denn dieses unmittelbare Erlebnis wird immer etwas Berührendes sein und viele Streams können das einfach nicht ersetzen.