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KURZ GEFRAGT: IGOR LEVIT

„Urlaub wird überbewertet“

Schon mit 25 Jahren steckt Igor Levit in einer rasanten Karriere. Scheuklappen hat er deswegen nicht – der deutsch-russische Pianist hat zu allem etwas zu sagen. Hier spricht er über…

vonFriederike Holm,

…den skurrilsten Konzertflügel

Es gibt keine skurrilen Konzertflügel! Es gibt auch keine schlechten Flügel, nur schlechte Pianisten. Ein Konzert in Frage zu stellen aufgrund des Instruments, ist dummes Zeug. In einem kleinen Ort in China habe ich mal auf einem Flügel gespielt, auf dem Tasten fehlten. Oder in Äthiopien auf einem Flügel, wo im Scharnier vom Deckel ein Nagel steckte, weil es nichts anderes gab. Aber ich habe ein Problem damit, mich über diese lustigen Anekdoten lustig zu machen, weil diese Instrumente für die Menschen vor Ort eine Selbstverständlichkeit sind.

…russisches Essen

Keine Meinung! Essen grundsätzlich finde ich super. Russisches Essen finde ich auch super, aber ich habe keine dezidierte Meinung dazu. Auch kein Lieblingsgericht. Alles Essen ist super. Ich esse echt gerne.

…seine wichtigste Inspirationsquelle

Mein Umfeld: Freunde, Lehrer, Eindrücke – einfach alles. Das, was ich an dem Tag in der Zeitung lese, was ich erlebt und gehört habe, das alles sind für mich Inspirationsquellen. Ich bin da ein wandelndes Kaleidoskop. Natürlich gibt es auch viele Personen, die mich sehr geprägt haben. Angefangen bei meinen Eltern, meine Familie, Schulfreunde, Lehrer, Kommilitonen… Ich möchte da niemanden vergessen und niemanden über andere stellen.

…Klavierwettbewerbe

Wichtig und notwendig. Jeder, der das Gegenteil behauptet, weiß entweder nicht, wie eine Musiker-Karriere funktioniert oder ist einfach arrogant und hochnäsig. Denn zu sagen: Wettbewerbe sind Müll und ich mache da nicht mit, ist ignorant. Es ist doch klar, dass keiner von uns mit Konzerten geboren wird. Aber jeder von uns möchte ja Musik nicht für sich in den eigenen vier Wänden machen, sondern auch für andere. Und wenn man den Wettbewerb als Plattform nutzt, um für ein Publikum zu spielen, dann ist das zu respektieren. Für mich war das auch nicht anders, als ich 2005 beim Rubinstein Wettbewerb in Tel Aviv gespielt habe. Wettbewerbe haben auch ihre schlechten Seiten, ohne Frage, aber meine persönliche Erfahrung war sehr positiv.

…Urlaub

Immer gewollt, aber am Ende, glaube ich, überbewertet. Ich persönlich könnte mit „14 Tagen Beine hoch legen“ nichts anfangen. Urlaub heißt für andere vielleicht: raus aus dem Alltag. Aber in meinem Beruf habe ich gar keinen Alltag. Natürlich sind Tage wichtig, wo einfach mal nichts passiert. Wegfahren, nicht für berufliche Zwecke, um Freunde zu besuchen, das mache ich ständig, aber das ist kein Entfliehen aus dem Alltag. Manchmal ist das Zeit mit, mal ohne Klavier, das plane ich nie im Voraus. Es geht auch mal ohne Klavier, aber nie ohne Musik. Die ist in jeder wachen Minute in meinem Kopf.

…Superlative in Konzertkritiken

Wenn Sie auf den Satz aus der FAZ-Kritik anspielen, der überall zitiert wird („Dieser junge Mann hat nicht nur das Zeug, einer der großen Pianisten dieses Jahrhunderts zu werden. Er ist es schon.“) – das freut mich in dem Moment natürlich, aber danach ist das abgehakt und die Arbeit, das Leben geht weiter. Ich habe deswegen nicht anders Klavier gespielt. Aber es war schon ein besonderer Moment, als der Artikel rauskam. Erwartungsdruck? Den mache ich mir eh selbst. Aber positiven Einfluss auf meine Karriere hatte das sicherlich, ich habe sehr viele Reaktionen darauf bekommen.

…Heimat

Das ist für mich Zuhause: Meine Freunde, meine Familie. Das kann für mich überall sein, in Hannover, wo ich lebe, oder in anderen Städten, wo Freunde sind. Russland, wo ich geboren bin, spielt da vielleicht nur unterbewusst eine Rolle. Es wirkt sich sicher in dem aus, was meine Eltern geprägt hat, ihre Lebenserfahrung, ihre Erinnerungen. Aber in meinem Alltag ist das nicht präsent.

…Plattencover (Igor Levit hat gerade seinen ersten Plattenvertrag bekommen)

Alles, was da passiert, muss einfach zu mir passen und glaubwürdig sein. Dann werden neue Fotos gemacht – wo wie wann, das wird man dann sehen. Es muss eine Einheit geben. Ich muss auch wissen, warum und weshalb dies und jenes da steht. Das kann man nicht für sich, sondern nur im Ganzen mit der Platte betrachten. Für meine erste CD werde ich Beethovens späte Sonaten einspielen. Sie sind für mich lebensnotwendig.

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