Riskante Roadtrips, Fehden im Fischrestaurant, singen bei Temperaturen im Minusbereich – Benjamin Appl kommt bei seinen Konzertreisen viel herum, mitunter kann es dabei auch mal gefährlich werden. Dass der Bariton dabei nicht selten an seine Grenzen kommt, überrascht ihn bei der Rückschau auf seine Instagram-Posts selbst.
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Ein wahres Abenteuer! Das Foto ist auf einer Tournee durch Mexiko entstanden. Noch kurz vor Beginn wusste ich nicht, wie viele Konzerte stattfinden würden oder wo ich überall übernachten würde. Bald wusste ich auch nicht, wie ich vom ersten zum zweiten Konzert kommen sollte. Für die Strecke von Durango nach Léon wollten wir das Flugzeug nehmen, weil die Autobahn durch den Bundesstaat Zacatecas geführt hätte, einen sehr gefährlichen, von rivalisierenden Banden kontrollierten Teil von Mexiko. Allerdings fiel der Flug aus und wir mussten doch das Auto nehmen. Schon zu Beginn der Überfahrt hatten mein Pianist und ich eine Panne, am Ende kamen wir fünfzehn Minuten vor dem Konzert in Léon an. Nach dem Konzert sagte uns der Veranstalter, dass ein Streichquartett schon einmal diese Route gewählt hat und deren Cellist dabei erschossen wurde. Wir sind einfach nur froh, dass wir unbeschadet zurückgekommen sind.
Das Bild ist beim Schleswig-Holstein Musik Festival im letzten Jahr entstanden, nach einer Konzertprobe mit Thomas Dunford in St. Nicolai auf Föhr. Ich schätze das Festival wegen seiner Struktur: die vielen kleinen Ortschaften und Denkmäler, die bespielt werden, die ganzen Beiräte, die ehrenamtlich vor Ort mithelfen und das Festival tragen. Die Veranstalter kümmern sich herzlich um die Gäste, es wird gekocht und gebacken, man lernt neue Freunde kennen. Die Katze wohnte anscheinend in der Kirche, zumindest ist sie bei der Probe immer auf der Bühne umhergelaufen. Es war für mich übrigens nicht die erste Begegnung dieser Art: In Indien folgte mir bei einem Konzert schon mal ein Affe auf die Bühne.
Hier bin ich auf einer USA-Tour mit meinem befreundeten Pianisten James Baillieu. Wenn wir unterwegs sind, verbringen wir auch außerhalb der Proben und Konzerte praktisch die ganze Zeit gemeinsam. Hier waren wir in einem auf Meeresfrüchte und Fisch spezialisierten Lokal in Bloomfield Hills, einer sehr interessanten und verschlafenen Siedlung nahe Detroit. Ich habe – wie es die Schürze offenbart – selbstverständlich Hummer gegessen, was mit den ganzen dafür vorgesehenen Werkzeugen eine Kunst für sich ist. Doch ich hoffe so gegessen zu haben, dass sich mein Pianist für mich nicht schämen musste. Die Schürze ist dabei sicherlich ein wichtiges Hilfsmittel. An diesem Abend war übrigens eine Gruppe junger Männer am Nebentisch, die sehr laut von ihrem Smartphone Musik gehört hatten. Ich habe sie gebeten, den Lärm leiser zu drehen, doch erfolglos. Einer der Jungs war kurz davor, mir auch noch einen Schlag ins Gesicht zu verpassen.
Immer noch auf der USA-Tour: Hier waren James und ich in Portland, Oregon. Die Universität bespielt das Theater, in welchem wir unser Konzert hatten. Von dieser stammten vermutlich auch diese skurrilen Masken, die in der Garderobe herumlagen. Auf stressigen Konzerttouren nutze ich jede freie Minute für Außermusikalisches und Albernheiten, um den Kopf von der Musik zu befreien
Hier bin ich in den fähigen Händen von Manuel Outumuro zu sehen. Es ist das Shooting zu meinem Album „Forbidden Fruit“. Die Idee und künstlerische Ausgestaltung habe ich vollständig dem Fotografen überlassen. Schließlich hat er sich für ein historisierendes Thema entschieden. Am Ende einer Session steht bei Outumuro immer das sogenannte Framing, das heißt, er rahmt das Fotomodell als Ausschnitt oder in besonderer Perspektive in den Händen ein und fotografiert dieses Motiv dann. Es ist beeindruckend, wieviel Arbeit er in die Suche nach einer passenden Location, die Kostüme und die Präsentation von Skizzen steckt.
Éva Fahidi ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Sie wurde mit siebzehn Jahren ins Ghetto getrieben, kurz nach ihrer Aufnahmeprüfung für das Konservatorium in Budapest. Ihre Familie wurde nach Auschwitz deportiert und ermordet, sie selbst schickte man ins Arbeitslager, wo ihre Gesundheit vollständig ruiniert wurde. Doch mit Musik und Tanz kam Fahidi wieder auf die Beine. Trotz all dieser schrecklichen Erlebnisse war sie zeit ihres Lebens den Mitmenschen zugewandt, herzlich und aufgeschlossen. Fahidi ist traurigerweise vergangenes Jahr verstorben, doch ich konnte mit ihr noch ein Projekt verwirklichen, in dem sie von ihren Erlebnissen erzählte und ich Lieder sang, die sie in ihrem Leben begleiteten: Werke der großen Komponisten wie Wagner, aber auch ungarische Volksweisen.
György Kurtág habe ich in Budapest für ein Projekt des Konzerthauses Dortmund kennengelernt. Für seine „Hölderlin-Gesänge“ gab es ein regelrechtes Casting. Am Ende hatte ich die Ehre, die Gesangspartie zu übernehmen, am Klavier saß Kurtág selbst. Er ist ein unglaublich netter Mensch, der sich viel Zeit für andere nimmt, aber auch sehr fordernd sein kann. Die Proben mit ihm sind unglaublich anspruchsvoll: Er unterbricht häufig bereits beim Einatmen, hat genaue Vorstellungen, wie etwas zu klingen hat, und nach Stunden der Arbeit ist er immer noch voller Energie. Am ersten Probentag kam ich aus der Mittagspause zurück – voller Freude, nun endlich den zweiten Takt erarbeiten zu können. Herr Kurtág aber hatte anderes im Sinn: „Fangen wir nochmal von vorne an.“
Hier feiere ich meinen vierzigsten Geburtstag in meiner Heimatstadt Regensburg mit Bekannten aus Asien und Amerika. Ich dachte, denen biete ich auch etwas Originelles, etwas Bayerisches, daher waren wir im Biergarten mit Blasmusik, Schweinebraten und Bierfassanstich. Ich habe es zwar nicht wie mancher Ministerpräsident mit einem Schlag geschafft, sondern drei gebraucht, aber: „O’zapft is“.
Das ist das Theater am Julierpass in Graubünden. In diesem roten Turm im Schnee habe ich sofort die perfekte Location für eine „Winterreise“ gesehen. Ich habe einen Filmemacher von der Idee erzählt, und der war so begeistert davon, dass er die BBC zu einem neunzigminütigen Film zum Kunstliedschaffen überzeugen konnte. Es hat einfach alles gepasst: fast ein Meter Neuschnee, strahlend blauer Himmel … Der Pianist hat im Turm zunächst die Schubert-Lieder eingespielt, daraufhin habe ich an verschiedenen Stationen innerhalb und außerhalb des Turms, auch im Schneesturm bei minus 15 Grad, die Gesangspartie aufgenommen. Ein Projekt, das wirklich an meine Grenzen ging, aber ich bin froh, dass es verwirklicht wurde.
Japan ist meine große Leidenschaft. Das erste Mal dort war ich als Elf- oder Zwölfjähriger mit den Regensburger Domspatzen. Diese drei Wochen hatten einen so prägenden Eindruck hinterlassen, dass ich bei der Rückreise weinen musste, weil ich jetzt nicht mehr in diesem Land sein konnte. Heute noch freue ich mich immer wieder, wenn eine Konzertanfrage aus Japan kommt. Die Feinheit der Menschen, die Liebe zum Detail und zur Klassik, vor allem auch für das deutsche Kunstlied beeindruckt mich immer wieder. Künstler werden dort unglaublich wertschätzend behandelt: Alles ist sorgsam gereinigt, das Licht stimmt bei der Probe, das Klavier steht an genau der richtigen Stelle. Jenseits des Konzertlebens versuche ich dann so viel zu sehen wie irgend möglich.