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Die Pianisten Lucas und Arthur Jussen im Kurz gefragt

„Bitte nennt uns nicht so!“

Nein, Zwillinge sind Lucas und Arthur Jussen nicht, 
auch wenn sie am Klavier oft wie ein einziger, vierhändiger Pianist wirken. Die zum Verwechseln ähnlichen Brüder über …

vonHelge Birkelbach,

… Wunderkinder

Arthur Jussen: Mozart war ein Wunderkind, Mendelssohn war ein Wunderkind. Am Anfang hat man auch uns so bezeichnet, aber wir haben immer gesagt: Bitte nennt uns nicht so! Wir sind ganz normale Jungs. Wir lieben es einfach, Musik zu spielen und haben viel dafür gearbeitet, um gut zu werden. Ich bin jetzt 21 Jahre alt, Lucas ist 25. Kinder sind wir sowieso nicht mehr.

… Fazıl Say

Lucas Jussen: Wir lieben ihn sehr – als Musiker und als Komponist. Er hat dieses Stück für uns geschrieben, „Night“, das fantastisch ist. Wir nehmen es auch gerne für unsere Programme und spielen es so oft wie möglich live. Manche kennen Fazıl Say nicht und sind fast immer begeistert, wenn sie das Stück hören. Es ist toll, so eine Reaktion zu bekommen. Es gibt Passagen, bei denen wir in den geöffneten Flügel greifen und über die Saiten streichen. Visuell ist das auch cool für das Publikum.

… Pubertät

Arthur: Ha, da müssen Sie unsere Eltern fragen! Wir sind beide eigentlich ziemlich ruhig gewesen. Die Musik hat uns so viel Energie gegeben und auch gefordert, dass es gar keinen Sinn machte, zu rebellieren. Daneben war es aber wichtig, dass wir damals nicht nur unsere Musik hatten. Darüber bin ich sehr glücklich.
Lucas: Wir haben eine sehr normale Jugend gehabt. Es gab keine Sachen, die unsere Freunde gemacht haben und wir nicht – mit dem Unterschied, dass wir eben auch noch Musik gemacht haben. Wir sind am Wochenende ausgegangen, haben Spaß gehabt und Fußball gespielt. Nicht so wie die Kinder, die von ihren Eltern von der Schule genommen werden, ans Konservatorium gehen und nur noch üben und auftreten. Ich denke, dass diese jungen Menschen etwas Wichtiges verpasst haben.

Lucas und Arthur Jussen
Lucas (r.) und Arthur Jussen © Marco Borggreve

… Oranje

Arthur: 1998, die Fußball-WM in Frankreich. Lucas fand die Nationalhymne sehr schön. Unsere Mutter hat ihm das Stück auf dem Klavier beigebracht, und so fing alles an! Oranje ist eigentlich der Anfang unserer Karriere. Leider kam unsere Mannschaft beim Turnier nicht so weit. Gegen Brasilien verloren sie im Elfmeterschießen, und beim Spiel um Platz 3 verloren sie dann auch noch. Das tat weh! (stöhnt und schaut an die Decke) Nächste Frage bitte …

… Vorbilder

Lucas: Viele. Trifonov, Volodos, natürlich auch unsere Lehrerin Maria João Pires, bei der wir studiert haben. Aber auch Bastian Schweinsteiger! Ich finde es Klasse, wie lange er für Bayern München gespielt hat – in einer Welt, wo es nur noch um Geld geht und die Spieler immer schneller zum nächsten Verein wechseln. Oder auch Tom Dumoulin, der im vergangenen Jahr den Giro d’Italia gewonnen hat. Wir lieben Sportler, die einen eigenen Charakter haben und bei allem Erfolg relativ normal geblieben sind. Die sind nicht arrogant oder irgendwie anders, wenn man mit ihnen spricht. Ich habe das Gefühl, dass ich mit einem Schweinsteiger oder Dumoulin ganz einfach reden könnte, ohne dass es befremdlich wird. Klar, das könnte auch Imagebuilding sein. Wir in Holland hatten Johann Cruyff, einen der größten Fußballstars überhaupt. Was alle überraschte, die ihn gekannt haben oder auch nur um ein Autogramm baten, war die Aufmerksamkeit, die er jedem einzelnen entgegenbrachte. Er hat sich immer Zeit genommen. Wenn du sehr groß bist – egal was du machst – und dabei ganz normal bleibst, bist du ein wirklich Großer.

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… Mode

Arthur: Interessiert uns nicht wirklich. Die Leute denken, dass uns das beschäftigt und wir darüber nachdenken, weil wir auf der Bühne akkurat angezogen sind. Natürlich achte ich darauf, dass mein Anzug nicht drei Nummern zu groß ist, wenn ich auftrete. Ich liebe es, einen schmal geschnittenen Anzug zu tragen. Aber am wichtigsten ist die Musik, immer.

… Social Media

Lucas: Instagram, Facebook, Twitter – man könnte den ganzen Tag damit beschäftigt sein und nichts anderes tun. Es ist sehr wichtig für die Kommunikation, aber wir machen es nur, wenn wir wirklich etwas zu melden haben. Privat nutzen wir es nicht. Es geht um Extras, die wir unserem Publikum bieten, das uns folgt. Ein kleines Video, das wir backstage drehen, ein Foto mit dem Dirigenten, Gedanken von einer Konzertreise. Aber wenn wir zuhause sind und eine normale Woche haben, posten wir nichts. Weil das einfach nicht interessant ist, wenn wir stundenlang am Flügel sitzen und üben.

… Doppelhochzeit

Lucas: Wir teilen ja fast alles … (schallendes Gelächter) Wir haben das auch versucht mit Freundinnen, aber das ist nicht gut gegangen. Mit anderen Worten: Das kann noch dauern. Aber (grübelt) … Eigentlich ist das eine gute Idee! Weil es ganz pragmatisch gedacht ist. Wir sind viel unterwegs, haben eine volle Agenda. Für eine Doppelhochzeit braucht man nur einen Tag statt zwei oder mehrere. Nur einen Ort, einen Pastor. Das ist doch praktisch!
Arthur: Da haben Sie uns auf eine gute Idee gebracht. Jetzt müssen wir nur noch die Frauen davon überzeugen … Wir rufen an, wenn es soweit ist – Sie sind herzlich eingeladen!

Lucas und Arthur Jussen spielen „Night“ von Fazıl Say:

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