Die „Königskinder“-Produktion in Frankfurt war mein erster Ausflug ins dramatische Fach, die erste Tuchfühlung damit, stimmlich mehr zupacken zu müssen als bei Mozart. Das Stück markiert den Anfang meines langsamen Weges hin zu Lohengrin und Tannhäuser. Eingeprägt hat sich mir auch das wunderbare Tim-Burton-Film-Setting von David Bösch: alles mit Kreide überzogen, viel schwarz, dazu diese supertraurige Geschichte. Das Stück hat damals wie heute einen hohen Zeitbezug: Der Königssohn gibt sich der Gesellschaft nicht zu erkennen, sondern verdingt sich in der Stadt als Schweinehirt. Da unterstellt man ihm sofort, dass er nichts tauge. Menschen nur nach ihrem Äußeren zu bewerten, ist in Zeiten von Selbstinszenierung und Show-Gebaren auf Instagram ja leider wieder sehr aktuell.
Humperdinck hat mit den „Königskindern“ wunderschöne romantische Musik mit grandiosen Melodien geschrieben. Werke aus dieser Zeit haben oft das Problem, dass der Orchesterpart einen zukleistert. Humperdinck hingegen macht das luftig und leicht, eine Mischung aus Richard Wagner und Richard Strauss. Als Komponist einer Operette schätze ich die enorme handwerkliche Qualität des Stücks. Ich rechne es Humperdinck hoch an, dass er sich nach Hänsel und Gretel nicht in ausgetretenen Pfaden gesuhlt hat, sondern ein neues, obgleich ernstes Werk angeboten hat. Wirklich eine unterschätzte Partitur. Zudem habe ich einen familiären Bezug zu ihr, da ich sie in Dresden gesungen habe, als mein Sohn gerade geboren wurde.