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Axel Ranisch: „Orphea in Love“

„Film ist wie Oper“

Filmregisseur Axel Ranisch ist von Kindesbeinen mit dem Opernvirus infiziert. Nun hat er mit „Orphea in Love“ eine Liebeserklärung an die Magie der Oper gedreht.

vonPeter Krause,

Listig, lustvoll und leidenschaftlich geht Axel ­Ranisch zu Werke, nicht nur wenn er in seinem angestammten Metier tätig ist, sondern auch dann, wenn er statt Filmen nun auch Opern in Szene setzt – oder eben beide Kunstformen mit überbordender Fantasie zu verbinden versteht. Joseph Haydns „Orlando Paladino“ transformierte er im Münchner Prinzregententheater kurzerhand in einen Stummfilmstoff, verlegte die komisch-heroische Handlung verliebter Rittersleute in ein Programmkino, kittete damit all die Verrücktheiten der Handlung, machte sie auf köstliche Weise genießbar.

Verdis vor Wunschkonzerthits strotzenden „Rigoletto“ erzählte er dann in Lyon an einem Abend gleich zweimal, indem er die Haupthandlung in die jüngere Vergangenheit der Punker versetzte und es steif nach Berliner Vorstadttristesse der 1980er riechen ließ. Darüber legte der Regisseur als Metaebene die Filmschicht, in der er berührend von dem Unterschichten-Opernfan Hugo berichtet, der als alterndes Alter Ego Rigolettos ein ähnlich tragisches Schicksal erfährt: Er verlor seine Frau bei der Geburt seiner Tochter, wurde zum allein­erziehenden Vater. Zuletzt nahm sich Ranisch für sein Debüt an der Hamburgischen Staatsoper Puccinis „Il trittico“ vor und sorgte für Kontroversen, da er die stark kontrastierenden drei Einzelteile durch eine verbindende Rahmenhandlung einer fiktiven Filmdiva neu in Beziehung zueinander setzte.

Feiert demnächst seinen vierzigsten Geburtstag: Axel Ranisch
Feiert demnächst seinen vierzigsten Geburtstag: Axel Ranisch

Oper statt Heavy Metal

Schon früh wurde der durch seine skurril mutigen Filmstoffe zum Star avancierende ­Regisseur der deutschen Independent-Szene mit dem Klassik-Virus infiziert. Als seine Mitschüler ihre Eltern mit den Hörhämmern von Heavy Metal erschreckten, da verliebte er sich in die Musik von Beethoven und Schostakowitsch. Sein erster Opernabend – Donizettis „Liebestrank“ – machte ihn bereits mit zwölf Jahren opernsüchtig, die großen Sängerpersönlichkeiten von Maria Callas bis zu Nicolai Gedda und Fjodor Schaljapin wurden seine Idole.

Dann drehte er seinen ersten Kurzfilm, studierte an der Filmuniversität, wurde Filmregisseur und kapierte: „Film ist wie Oper.“ Alle Künste sind vereint, ziehen an einem Strang. Ranisch wurde ein Filmemacher, der die von ihm erlernte Kunst der bewegten Bilder so denkt, als wären es Opern. Integrierte er bislang in die Live-Kunst seiner Inszenierungen stets die zweite Erzählebene von Videos, wagte er nun den umgekehrten Ansatz und drehte mit „Orphea in Love“ einen Film, in dem eine junge Sängerin und die Gattung Oper die Hauptrollen spielen. Die estnische Sängerin Mirjam Mesak mutiert darin zum weiblichen Orpheus. Als junge Callcenter-Agentin mit berückendem Sopran verliert diese Orphea ihren Geliebten bei einem Unfall, den kleinkriminellen Straßentänzer Kolja, den Guido Badalamenti aus der Ballettkompanie des Münchner Gärtnerplatztheaters als männliche Eurydike mimt.

Filmstill aus „Orphea in Love“
Filmstill aus „Orphea in Love“

Das träumerisch Ideale und das beinhart Reale begegnen sich. Mythos und ­Moderne, Kunst und Leben ebenso. Axel Ranisch erfindet eine Schnitttechnik, die die Langsamkeit von Opernarien und die Schnelligkeit des Films traumwandlerisch versöhnt. Herausgekommen ist ein wunderbarer Film der multiplen, sich munter und überraschend durchdringenden Ebenen. Da lernt man dann, warum denn Menschen in der Oper eigentlich singen (müssen), also zur unwahrscheinlichsten aller menschlichen Kommunikationsformen greifen. Axel Ranischs filmische Liebeserklärung an die Magie der Oper ist ein echter Wurf.

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