Am Anfang war die Erfolgsgeschichte von Erfurts neuem Opernhaus keineswegs ausgemacht. Denn als der einstige Ministerpräsident Bernhard Vogel den Auftrag zum Bau des repräsentativen modernen Baus gab, um Thüringen als Kulturregion langfristig zu stärken, war die Verbundenheit mit dem alten Theater noch stark. Heute hat sich die Entscheidung ausgezahlt: Das jugendlich frische und inhaltlich risikofreudige Musiktheater der Landeshauptstadt steht glänzend da.
In der Region verankert
Guy Montavon hat dazu eine programmatische Linie entwickelt, die regionale Verwurzelung und internationale Ausstrahlung geschickt verknüpft. Wenn der Generalintendant in elf Spielzeiten ganze 14 Uraufführungen verantwortet und in einen sinnlichen Mix von der Ausgrabung bis zur Operette einbindet, weiß er eben nicht nur die Politik an seiner Seite: „Ich habe unsere Uraufführungen gesellschaftsfähig gemacht.“ Dazu hat er geschickt Themen aus der Region aufgegriffen – die Martin Luther gewidmete Oper des Berliner Komponisten Peter Aderhold steht beispielhaft für die Akzeptanz vor Ort. „Wir machen Theater für die Menschen hier, für die Stadt und die Region.“
Und er mache gelegentlich auch „Theater für das Theater“, ergänzt er verschmitzt. Denn ein neues Werk von Philip Glass mehrt natürlich auch Renommee und Ruhm des Hauses, das er bewusst als „Stadttheater und internationales Opernhaus“ begreift. Koproduktionen von Frankreich bis Finnland ermöglichen nicht zuletzt, „unser Team zu exportieren“, ein Team, auf das Montavon sichtlich stolz ist. Er hört sich pro Jahr an die 1200 Sängerinnen und Sänger an, er ist auf Wettbewerben sehr präsent. Sein Ensemble besteht infolgedessen aus exzellenten jungen Künstlern, die der Erfurter Opernfamilie sogar dann noch als Gäste verbunden bleiben, wenn sie längst große Karriere machen: Die Sopranistin Marina Rebeka oder der Bass Albert Pesendorfer, der in dieser Saison als König Philipp in Don Carlo an sein altes Haus zurückkehrt, gehören dazu.
Klassiker neu beleuchtet
Enorm wichtig ist Guy Montavon zudem die eigene Doppelrolle als inszenierender Intendant: „Das ist enorm wichtig, um mein Haus von innen heraus kennenzulernen.“ Montavon, der erste Absolvent der Hamburger Regieschmiede von Götz Friedrich, der gleich Intendant wurde, erwartet von den Regisseuren, die er als Gäste einlädt, durchaus, „dass sie die Klassiker neu beleuchten, aber sie müssen immer eine Geschichte erzählen.“ Carola Gruber oder Tobias Kratzer zählt er zu diesen klugen Erneuerern. Und wie steht es mit der nie gelebten Beziehung zum nahen Theater in Weimar? Montavon freut sich über den Amtsantritt seines Kollegen Hasko Weber und „die ganz neue Dialogkultur, die jeder begrüßt.“