Auf den Fotos sehen sie aus wie eine Boygroup: mal mit Hosenträger über weißem T-Shirt, mal im schlanken Anzug. Doch die musikalische Heimat von Jan Nigges, Jonas Zschenderlein, Karl Simko und Alexander von Heißen, allesamt geboren in den Neunzigerjahren, lag schon sehr früh ganz woanders. „Wir lernten uns alle im Jugend-Barockorchester ,Bachs Erben‘ kennen“, erzählt Jonas Zschenderlein, der schon als Elfjähriger auf die Barockgeige umgestiegen war. Verantwortlich für den Weg zur Alten Musik sei für ihn ebenso wie für den Cellisten Karl Simko „das barock-vorbelastete Elternhaus“. Der Blockflötist Jan Nigges und der Cembalist Alexander von Heißen studieren momentan am Institut für Alte Musik an der HfMDK Frankfurt – und alle vier haben ihren Lebensmittelpunkt in der hessischen Metropole. Das passt: Frankfurts Musikhochschule zählt zu den führenden Ausbildungsstätten, was die Barockmusik angeht, und mit 4 Times Baroque ist hier auch eines der temperamentvollsten jungen Alte-Musik-Ensembles zuhause.
Die „first baroque boygroup“
„Da unser Quartett eine Altersstruktur von 21 bis 23 Jahren hat, liegt es nahe, insbesondere unsere Generation für Barockmusik zu begeistern“, sagen die Vier – was nun natürlich eine Herkules-Aufgabe ist. Wie die geleistet werden kann, erklärt Jan Nigges: „Tatsächlich freuen wir uns darüber, in unseren Konzerten immer öfter junges Publikum zu sehen, das vielleicht vom Spaß an der Musik angesteckt wurde. Wir bemühen uns jedenfalls um eine lockere Konzertatmosphäre, etwa durch eine humorvolle Moderation und ohne langweiliges Auftreten.“
Wie kaum ein anderes Ensemble sind die vier Wahlfrankfurter auch Virtuosen an den digitalen Instrumenten von heute: „Früher konnte man nur durch eine CD an die Öffentlichkeit gelangen, heute ist das viel einfacher möglich mit YouTube, Facebook und Instagram“, erklärt Cembalist von Heißen, der in den YouTube-Kommentaren bald das Schlagwort von der „first baroque boygroup“ fand. „Es macht uns auch Spaß, auf den verschiedenen Plattformen unsere Videos und Bilder hochzuladen. So bekommt man in Sekundenschnelle Reaktionen aus der ganzen Welt. Aus diesem Grund haben wir von Anfang an großen Wert auf die Produktion professioneller Musikvideos gelegt.“ Eine CD, die sie durch eine Crowdfunding-Aktion finanziert haben, lohne sich trotz der Kosten dennoch: „Allein seit unserem ersten CD-Release kamen wir dadurch zu drei Auftritten im Fernsehen.“
Kein Wunder, denn auf dem Album „Caught in Italian Virtuosity“ stellen sich 4 Times Baroque als versierte Seelenfänger vor. Da werden die Werke von Vivaldi, Corelli oder Sammartini hoch effektvoll musiziert mit schwindelerregender Rasanz und lustvoll pointiertem Ton. Das erinnert an die damals jungen Wilden von Il Giardino Armonico, die in den 1990er Jahren einen frischen (Blockflöten-)Ton und einen modischen Look in die Alte Musik brachten. Eine Kopie der smarten Mailänder wollen die nicht minder smarten Frankfurter aber nicht sein, auch wenn sie optisch jedenfalls auffallen. „Das Image sollte von alleine kommen, den Look haben wir uns nicht zur Aufgabe gemacht. Wir haben Spaß an der Musik und versuchen, sie möglichst lebendig und interessant rüberzubringen. Das war von Anfang an der Grund, warum wir uns zusammengefunden haben. Ob uns jemand in dreißig Jahren noch in Röhrenjeans sehen möchte, sei ohnehin dahingestellt“, sagt Karl Simko und lacht.
Mit dem Drive eines Schlagzeugers
Auch wenn die Mitglieder von 4 Times Baroque mit Darmsaiten und in alter Stimmung aufgewachsen ist, privat hören die Musiker durchaus auch anderes. „Jans absoluter Lieblingssänger ist Frank Sinatra, Karl hört gerne elektronische Musik, und Jonas ist bei J-Pop hängengeblieben“, listet Alexander von Heißen auf. Er selbst trug bei einem der Fotoshootings ein AC/DC-T-Shirt, und das nicht nur für die rebellische Optik. „AC/DC war und ist eine meiner Lieblingsbands. Vom Drive des Drummers dieser Rockband will ich mir auch als Cembalist unseres Barockensemble eine Scheibe abschneiden“.
Sehe Sie hier 4 Times Barock mit dem fünften Satz (Allegro) aus Arcangelo Corellis Concerto Grosso Nr. 3 op. 6: