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450 Jahre Staatskapelle Berlin

Zwischen Oper und Sinfonik

Die Staatskapelle Berlin feiert ihr 450-jähriges Bestehen.

vonMatthias Nöther,

Kurfürst Joachim II. von Brandenburg war für seinen ausschweifenden Lebensstil bekannt. Er initiierte Orgien und rustikal-blutige Spaßschlachten. Von einem neugebauten Jagdschloss im Berliner Grunewald ließ er auch gleich einen Dammweg zu seinem Stadtschloss im Berliner Zentrum errichten – es ist der heutige Kurfürstendamm. Im Stadtschloss daselbst entstand indes etwas besonders Kostbares: Von Historikern wird Joachims Gründung der Berliner Hofkapelle mit der Zeit um 1540 angesetzt. Ganz sicher ist die Anstellung einer geringen Zahl handverlesener Musiker in dieser Zeit nicht, doch im Jahr 1570 ist bereits von einer älteren Kapellordnung die Rede: Das Ensemble, das sich heute „Staatskapelle Berlin“ nennt, war also offenbar auch schon vor 450 Jahren keine ganz neue Formation mehr.

Sicher ist: Im Jahr 1580 – nun unter Joachims hochverschuldetem Sohn Johann Georg – spielte die Hofkapelle im Berliner Stadtschloss regelmäßig in einer Besetzung von sechs Musikern und zwölf Sängern. Rund hundert Jahre später wurde diese Besetzung erheblich vergrößert, die Bezahlung verbessert und den Mitgliedern des Orchesters der Titel „Cammer-Musicanten“ verliehen. Die Aufwertung durch den Kurfürsten Friedrich Wilhelm – nicht zuletzt ein Mitorganisator des Westfälischen Friedens von 1648 – kam nicht zufällig. Nach der Erholung vom Dreißigjährigen Krieg brauchte man im Berliner Schloss ein zahlenmäßig passendes und exquisites Ensemble zur Darbietung von Opern.

Musikdramatischer Feinschliff aus Italien

Die neue Kunstform aus Italien wurde fortan eine Spezialität der nunmehr königlich-preußischen Hofkapelle – zuallererst für die prunkvolle Gründung der Hofoper durch Friedrich den Großen im Jahr 1742 waren die Dienste des Orchesters unverzichtbar. Denn längst hatte die Hofkapelle ihren musikdramatischen Sinn mit Hilfe von italienischen Komponisten, die bereits in ihrer Heimat an der Oper geschult waren, verfeinert: Der Kapellmeister Attilio Ariosti und der Cellist Giovanni Bononcini wirkten längere Zeit bei den Musikern am Berliner Hof. Bekannter sind heute die späteren Matadore des galanten Stils, die zu entscheidenden Protagonisten der Hofkapelle wurden: der Klaviermeister Carl Philipp Emanuel Bach und der Flötenvirtuose Johann Joachim Quantz.

In den kommenden Jahrhunderten sollte sich die Berliner Hof- und später Staatskapelle stets ein gewisses Eigenleben neben dem zentralen Berliner Operngeschehen Unter den Linden sichern. Richard Strauss etwa probierte Anfang des 20. Jahrhunderts als Hofkapellmeister die Wirkung seiner riesigen sinfonischen Dichtungen aus. Das Orchester wurde so wiederum befähigt, extrem schwierige Opern wie Alban Bergs „Wozzeck“ mit Hilfe des Dirigenten Erich Kleiber aus der Taufe zu heben. Die Tradition, in der Sinfonik wie in der Oper gleichermaßen kompetent zu sein, wurde zwischen den Weltkriegen vor allem von Leo Blech, in der DDR unter anderem vom österreichischen Dirigenten Otmar Suitner aufrechtherhalten. Heute steht der Name Daniel Barenboims für diese Tradition, der die Geschicke des Staatskapelle als Generalmusikdirektor der Staatsoper seit 1992 lenkt.

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