Seit zehn Jahren leitet er als Chefdirigent jenes Orchester, bei dem seine große Karriere begann: das Philharmonia Orchestra London. Dabei schwebte Esa-Pekka Salonen nie eine Dirigentenlaufbahn vor, bis 1983 der Anruf aus London kam. Mahlers Dritte sollte er dirigieren. Eine Sinfonie, die er noch nicht einmal besonders gut kannte. „Ich habe mir in der Rundfunkbibliothek in Helsinki die Partitur ausgeliehen und gedacht: Wenn es schief geht, kann ich wenigstens meinen Enkeln erzählen, dass ich mal das Philharmonia Orchestra dirigiert habe.“
Esa-Pekka Salonen ist eine der wenigen echten Doppelbegabungen in der Musikwelt
Vier Tage blieben ihm, um sich mit dem Werk vertraut zu machen. Die Aufführung war ein voller Erfolg und mit einem Mal war sein Name in aller Munde. Agenten, Manager, Orchester, Plattenfirmen und Journalisten wollten ihn – und bekamen ihn auch. Doch so aufregend die vielen Reisen und intensiven Probearbeiten auch waren, es blieb kaum mehr Zeit für seine eigentliche Leidenschaft, das Komponieren. 2000 beschloss der Finne deshalb ein Sabbatjahr zu nehmen, um ausschließlich zu komponieren. „Und es endete damit, dass ich dauernd ins Konzert gerannt bin, weil ich den Klang so vermisst habe.“
Wie Gustav Mahler oder Peter Ruzicka gehört auch Salonen zur Spezies der dirigierenden Komponisten und weiß damit seine reichen Kenntnisse der Orchesterfarben für eigene Werke zu nutzen. Viele Komponisten stehen nicht so gern im Mittelpunkt, Dirigenten hingegen sind oft im Zentrum des Geschehens. Salonen erklärt, wie er diese Gegensätze in sich vereint: „Man braucht zwei verschiedene Arten von Energie, und es ist nicht so einfach, zwischen den beiden Persönlichkeiten hin und her zu wechseln.“
Seine Musik sorgt für nachhaltige Eindrücke
Wenn er neue Kompositionen von sich dirigiert, ist das allerdings gar nicht so einfach. Denn stets hat er noch im Kopf, was er beim Schreiben vor dem inneren Auge hatte. Bei älteren Werken ist es anders. „Dann weiß ich nicht mehr so genau, was mir beim Schreiben vorgeschwebt hat, sondern sehe das, was in den Noten steht. Das ist, als würde ich ein Stück eines anderen Komponisten dirigieren.“ Und wenn tatsächlich mal andere Dirigenten seine Werke aufführen, werden wieder neue Aspekte seiner Musik zutage gefördert.
Die Musik von Esa-Pekka Salonen ist expressiv und sorgt bei den Zuhörern für nachhaltige Eindrücke. Dennoch lässt sie sich schwer in eine Schublade stecken. Denn für Salonen zählt weniger die Suche nach der einen musikalischen Wahrheit, als vielmehr die Suche nach kraftvollen Erfahrungen. Sein Ziel ist es, Musik zu schreiben, die auch der durchschnittliche Konzertgänger verstehen und genießen kann. Er möchte nicht die Unterscheidung in E- und U-Musik. Für ihn ist Musik Musik. „Die Menschen erwarten etwas anderes von Musik in verschiedenen Situationen. Es gibt Momente, wo auch ich gern Popmusik höre. Dass das, was wir als Musik verstehen, so eine Bandbreite abdeckt – das ist doch faszinierend.“
Esa-Pekka Salonen dirigiert Mahlers Dritte: