Für Peter Ruzicka ist ein Komponist jemand, der musikalische Geschichten erzählen kann. Sie sollen den Hörer treffen und betreffen. Visionen über eine Zukunft der Musik lassen sich nicht von der Gesellschaft trennen. Überhaupt sei ernst zu nehmende Kunst noch niemals durch Anbiederung an den Massengeschmack entstanden.
Über seinem Schaffen schwebt die These, dass es wirklich neues musikalisches Material nicht mehr gebe und ein Vorwärtsdrängen des Komponisten in unbekanntes Neuland nicht mehr möglich sei. Darin spiegelt sich auch Gustav Mahlers Anspruch wider, das Weltganze in seiner Musik abzubilden. Zu dem Komponisten fand Ruzicka seine Affinität beim Lesen von Theodor W. Adorno, der sich extensiv mit Mahlers Werk befasst hatte.
Spätestens seit den 1980er Jahren ist kein neues musikalisches Material mehr erfunden worden
Die Gefahr, alles schon einmal so oder ähnlich gehört zu haben, besteht. Spätestens seit den 1980er Jahren ist kein neues musikalisches Material mehr erfunden worden. Der Prozess der immerwährend sich erneuernden und ausdifferenzierten Klangsubstanz kam zu einem Stillstand, was dem Komponisten ein Denken auf einer neuen Ebene nahe legt. Das wiederum kann ganz neue Möglichkeiten einer geradezu befreiten Klangrede beinhalten. Sozusagen eine „Zweite Moderne“, die Ruzicka maßgeblich geprägt hat.
Seine Musik wurde zunehmend kryptischer, fragmentarischer. Sie drohte, sich in sich selbst aufzulösen. Bis es zu einer überraschenden Begegnung mit den Werken des schwedischen Komponisten Allan Pettersson kam und sich Ruzicka wieder mehr auf die harmonischen Komponenten in der Musik besann.
Peter Ruzicka arbeitet interdisziplinär
Außermusikalische Faktoren sind oftmals konzeptionelle Bestandteile seiner Werke. Ruzicka arbeitet interdisziplinär. Nicht nur, was seinen Beruf anbelangt. Seit seinem frühen Schaffen thematisiert er die Ambivalenz des menschlichen Schicksals. Seine geistigen Vorbilder wählt er gleichermaßen in der literarischen Welt bei Paul Celan oder Friedrich Hölderlin. Nach „Celan“ und „Hölderlin“ legte er mit „Benjamin“ seine dritte Oper vor – ein Musiktheater über den deutschen Philosophen und Kulturwissenschaftler Walter Benjamin. Drei Persönlichkeiten, die für sein Weltbild bestimmend sind. Das Auftragswerk der Hamburgischen Staatsoper feierte am 3. Juni Premiere, bei der Ruzicka selbst dirigierte.
Sehen Sie den Trailer zu Peter Ruzickas Oper „BENJAMIN“:
concerti-Tipp:
neue musik – Fragmente aus der Zukunft
Zum 70. Geburtstag von Peter Ruzicka
Di. 3.7., 21:00 Uhr
NDR Kultur