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Porträt Ana de la Vega

Immer wieder Mozart

Ob im Garten ihrer Eltern oder bei einer Party: In Ana de la Vega Lebens steuert ein gewisser Komponist immer den Soundtrack bei.

vonHelge Birkelbach,

Für Mozart war das Jahr 1778 kein gutes. Er hielt sich einige Monate in Paris auf, um mit möglichst vielen Konzerten auf sich aufmerksam zu machen und eine Stelle als Kapellmeister zu finden. Seine Bemühungen schlugen fehl, zudem starb im Juli überraschend seine Mutter. Der einzige Lichtblick: Adrien-Louis Bonnières de Souastre, Diplomat im höheren Dienst und Hobbyflötist, beauftragte ihn mit einem Doppelkonzert für Flöte und Harfe. Mozart lieferte, der Auftraggeber nahm es jedoch mit seiner Zahlungsmoral nicht so genau. Es war kein gutes Jahr, wie gesagt …

Zeit- und Ortswechsel: eine Farm im Süden von New ­South Wales in Australien, ein heißer Sommertag. Ana de la Vega ist sieben Jahre alt, mag Pferde und Natur und hat noch nie etwas von einer Flöte gehört, geschweige denn gespielt. Sie kennt weder Mozart noch Jean-Pierre Rampal, dessen Aufnahme des Konzerts für Flöte und Harfe gerade erklingt. Die Musik weht in den Garten herüber, wo Ana mit ihrer Schwester Fliegen fängt. Und dann ist es um sie geschehen: „Es war ein physisches Erlebnis! Plötzlich setzte die Flöte ein. Ich war geradezu schockiert von der Schönheit ihres Klangs. Ich wusste damals noch nicht mal, wie dieses Instrument aussieht!“ Sie marschiert auf direktem Weg zu ihren Eltern und sagt: „Mum, Dad, ich will das auch spielen!“ Dabei ist ihr Elternhaus in keiner Weise musikalisch geprägt. „Mein Vater kann noch nicht mal ‚Happy Birthday‘ singen“, schmunzelt sie. „Es ist bis heute ein Mysterium, wie diese CD ihren Weg zu uns nach Hause fand.“

Auf nach Paris!

Mit acht Jahren durfte sie erstmals eine geliehene Flöte spielen, danach nahm sie Privat­unterricht. Nach ihrem Flötenstudium in Sidney, das sie mit Auszeichnung bestand, zog es sie dorthin, wo die Großen des Instruments lebten, komponierten und wirkten: nach Frankreich. Sie studierte am Conservatoire National Supérieur de Paris bei Raymond Guiot und Catherine Cantin, die wiederum Schülerin von Jean-­Pierre Rampal war.

Auch auf ihrem Debüt-Album interpretierte Ana de la Vega Mozart
Auch auf ihrem Debüt-Album interpretierte Ana de la Vega Mozart

Ein gutes Jahr war auch das, in dem Ana de la Vega den Geiger Daniel Röhn bei einer Geburtstagsparty in Berlin kennenlernte. Purer Zufall, denn eigentlich war sie nur einen Tag in der Stadt und hatte am Abend noch nichts vor. Der Soundtrack des Kennenlernens: natürlich Mozart. „Bei unserem ersten Date drückte Daniel mir eine CD von Vladimir Horowitz in die Hand. Eine unglaubliche Einspielung! Horowitz schafft einen imaginären Raum und spricht zu dir. Und, na ja … Kurze Zeit später haben Daniel und ich geheiratet.“

Hauskonzert im Pyjama

Auch das Jahr 2020 begann bestens. Zusammen mit dem spanischen Oboisten Ramón Ortega Quero veröffentlichte Ana de la Vega im Januar ihr zweites Album. NDR und WDR kürten die Einspielung zur „CD der Woche“, gemeinsame Auftritte waren geplant. Im März sollte sie bei den Starnberger Musiktagen auftreten, im April beim International Adams Flute Festival in Holland. Die Konzerte wurden wegen Corona abgesagt. Wie viele andere Künstler verlegte die Australierin ihre Aktivitäten ins Netz und spielte etwa auf Einladung von concerti zusammen mit ihrem Mann „Live vom Hamburger Waldrand“. Neben Werken von Debussy und Gluck standen – es wundert kaum – auch Opernbearbeitungen von Mozart auf dem Programm.

Und auch bei ihrem Hauskonzert, das der NDR aufzeichnete, widmete sich das Paar der Liebe zu diesem Komponisten – und der Liebe an sich. „Don Giovanni“ bezirzt seine Angebetete Donna Anna, die am Fenster „irgendwo im dritten Stock“ steht, mit gebührendem Sicherheitsabstand. Die Arie „Deh, vieni alla finestra“ spielen die beiden Musiker, dem Anlass entsprechend und geschmackvoll gewandet, im Pyjama. Ein herrlicher Anblick! Und zugleich ein Zeichen der Leichtigkeit, mit der Ana de la Vega anscheinend mühelos die Höhen und Tiefen des Lebens meistert. Dabei strahlt sie mit ihrem offenen Lächeln, wie sie immer stahlt, wenn Musik sie durchströmt – ob sie nun spielt, spricht oder einfach nur wartet. Ihre dichten Augenbrauen zucken dabei voller Vorfreude, als wollten sie einem sagen: Geht doch!

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