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PORTRÄT ANDREAS WITTMANN

Die zweite Leidenschaft

Andreas Wittmann, Oboist der Berliner Philharmoniker, dirigiert erstmals in Berlin

vonEcki Ramón Weber,

Im Januar leitet er im Kammermusiksaal der Philharmonie das sinfonie orchester berlin. Haydn, Mozart und Schubert stehen auf dem Programm. Schaut man sich die Laufbahn von Andreas Wittmann an, ist es überraschend, dass er erst jetzt zum ersten Mal in Berlin die Seite wechselt und auf das Dirigentenpodium steigt. Denn Wittmann, seit nunmehr 25 Jahren Oboist bei den Berliner Philharmonikern, hat sich schon immer für mehr als nur den eigenen Ins­trumentalpart interessiert.

1988, nur zwei Jahre, nachdem er in den letzten Jahren der Ära Karajan die harte Vorspielprüfung bei den Berliner Philharmonikern bestanden hatte, gründete er mit Kollegen aus den Reihen des Orchesters das Philharmonische Bläserquintett Berlin. Im Gegensatz zum Streichquartett mit relativ gleichartigen Instrumenten besteht die Besetzung eines Bläserquintetts – Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn – aus völlig heterogenen Instrumenten: „Dabei die Artikulation, den Klang und die Phrasierung einheitlich wirken zu lassen, ist eine Herausforderung“, sagt Wittmann. „Das hat viel zu tun mit Balance, wann eine Stimme hervortritt und wann sie eine untergeordnete Rolle einnimmt.“ Damit wären schon Aspekte erwähnt, die sich auf ein Orchester übertragen lassen.

„Dirigieren war schon immer eine Leidenschaft von mir“, bekennt Wittmann. Doch außer einigen Dirigaten während des Studiums, später dann auf Festivals in Chile, Venezuela und Spanien, wo er gleichzeitig als Solist auftrat, hat er dieses Talent wenig gepflegt. Berliner Philharmoniker zu sein ist eben ein Vollzeit-Job. Andreas Wittman hat zudem das Amt des Orchestervorstands inne und ist Dozent der Orchester-Akademie.

Zu erkunden, wie das komplexe Gefüge einer Partitur funktioniert, hat Wittmann jedoch schon immer fasziniert. Bereits während des Oboenstudiums in seiner Heimatstadt München nahm er an Dirigierkursen von Sergiu Celibidache teil. Bei ihm lernte Wittmann, wie wichtig ein Gefühl für die Beziehungen zwischen Klang, Raum und Zeit ist. Das war prägend: „Ein Dirigent ist jemand, der einen genialen Bauplan eines Komponisten umsetzen muss. Das ist die große Kunst.“ Als er seine Ausbildung in Berlin fortsetzte, lehrte ihn sein Lehrer, der Oboist Hansjörg Schellenberger, die analytische Herangehensweise an die Musik, ebenfalls eine unverzichtbare Qualifikation eines Dirigenten.

Als die intensivste Schule fürs Dirigieren betrachtet Andreas Wittmann aber seine Erfahrung bei den Philharmonikern: „Wenn man als Orchestermusiker in den Proben sitzt mit einem Karajan, einem Carlos Kleiber, einem Giulini, mit Abbado, Rattle, Harnoncourt, Haitink, Mehta, Jansons, um nur einige zu nennen, dann kann man natürlich enorm viel lernen.“ Das Oboenspiel zugunsten des Dirigierens an den Nagel zu hängen, sieht Andreas Wittmann allerdings nicht als Option: „Die Oboe ist nach wie vor meine allererste Leidenschaft.“

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