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Leidenschaft für Italien

Leidenschaft für Italien

Warum die Bach-Expertin Angela Hewitt Fazioli-Flügel, Umbrien und mediterranes Lebensgefühl liebt

vonBarbara Doll,

Angela Hewitt hat viel Schlaf nachzuholen. 27 Stunden saß sie im Flieger, Sydney-Vancouver-Toronto-London. In Australien hat sie Mozarts d-Moll-Klavierkonzert mit dem Sydney Symphony Orchestra gespielt, danach ein Recital mit Bachs Goldberg-Variationen – und auf dem Rückflug nach London noch einen Abstecher in ihre kanadische Heimat gemacht. „Das Anstrengende sind nicht die Konzerte“, sagt Hewitt, „die Reisen sind extrem hart für den Körper.“ Aber der muss funktionieren, damit die Seele am Klavier träumen kann. Also: Kein Koffein, kaum Alkohol, wenig Zucker. Das ist Hewitts Rezept für ein gutes Musiker-Immunsystem; und hier fällt er zum ersten Mal, der Satz, den sie in diesem Gespräch noch öfter sagen wird: „Ich bin sehr diszipliniert.“

Musikalische Kinderstube

Angela Hewitt, Jahrgang 1958, ist eine der wenigen wirklich berühmten Frauen am Klavier. Eine, die keine Marketing-Mätzchen braucht, die durch Seriosität überzeugt. „Ich bin immer meinen eigenen Weg gegangen und habe meine Karriere langsam, aber stetig aufgebaut. Das macht mich sehr zufrieden!“ Hewitt wuchs als Musikerkind auf, ihr Vater war Domorganist in Ottawa; mit drei bekam sie den ersten Klavierunterricht. Sie studierte bei Jean-Paul Sévilla, gewann 1985 den Internationalen Bach-Wettbewerb in Toronto und konzertiert seitdem in den wichtigsten Sälen der Welt.

Pianistin und Festivalmanagerin

Aber Hewitt tanzte auch ambitioniert Ballett. Deshalb liebt sie Bach so sehr: Weil sie die „Natur des Tanzes“ in seiner Musik wiederfindet. Wenn sie am Flügel sitzt, ganz Grande Dame im Seidenkleid, mit roten Lippen und dunklen Locken, wirkt sie tatsächlich wie eine Tänzerin. Graziös bewegen sich die Hände, spannen sich die Phrasen in der Musik. Es liegt unendlich viel Emotion und Feinheit in Angela Hewitts Spiel.

Dazu passt auch ihr Hang zum mediterranen Lebensgefühl: Vor ein paar Jahren hat sie ein Haus gebaut, in Umbrien, am Trasimenischen See. Dorthin zieht sich die Pianistin immer wieder aus dem Londoner Trubel zurück. Und seit 2005 stemmt sie jeden Sommer ihr eigenes „Trasimeno Music Festival“. „Ich bringe Leute aus aller Welt zum Musikmachen zusammen; wir spielen im Innenhof einer Burg aus dem 15. Jahrhundert – fantastisch!“

Mehr als nur Bach

Das Wichtigste in Angela Hewitts Leben, ihr Klavier, kommt auch aus Oberitalien, aus der Klaviermanufaktur Fazioli. Hewitt schwört auf Fazioli-Flügel, denn „sie reagieren auf die kleinste Veränderung beim Anschlag. Wenn man diesen Flügel gut steuert, schenkt er einem unfassbar viele Farben. Von strahlender Brillanz bis zu größter Zärtlichkeit.“ Für sie als Bach-Spezialistin also das perfekte Instrument? „Klar“, sagt Angela Hewitt, „aber es macht mich traurig, wenn man mich auf Bach reduziert.“ Neben ihrer umjubelten Aufnahme von Bachs Gesamt-Klavierwerk hat sie schließlich auch unzählige andere Komponisten eingespielt – von Couperin bis Ravel. Bald erscheint eine Debussy-CD, und mit dem NDR Sinfonieorchester wird sie Messiaen spielen. „Aber gut“, sagt Hewitt und lacht, „wenn ich schon für einen bestimmten Komponisten bekannt sein soll, ist Bach ja nicht der schlechteste!“

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