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Porträt Claire Huangci

Zupackend sanft

Pianistin Claire Huangci spielt mit vollem Einsatz, trotz zarter Hände. Manchmal muss auch eine Chipkarte fürs Saitenzupfen herhalten.

vonHelge Birkelbach,

Erstaunlich! Solche zarten Hände. Und die sollen zupacken können? „Das war tatsächlich eine große Herausforderung bei der Interpretation von Rachmaninow“, erklärt Claire Huangci. „Rachmaninow selbst hatte ja ziemlich große Hände. Er beherrschte aber nicht nur die große Technik, sondern auch die ganz feinen Sachen mit kleinen Trillern und flinken Läufen.“

Und flink sein – das kann die amerikanische Pianistin mit chinesischer Abstammung ziemlich gut. So gut, dass Wladimir Krainjew, bei dem sie 2006 in New York einen Meisterkurs belegte, erstaunt feststellte, das seien ja wohl „die schnellsten Finger der Welt“. Er erinnerte sich an diese Finger, als er im Jahr darauf bei den Aufnahmeprüfungen an der Musikhochschule Hannover die junge Künstlerin wiedertraf. Sie wurde angenommen.

„Ich glaube, ich bin inzwischen nicht mehr die schnellste“, scherzt die heute 28-Jährige. Ihr offenes Lachen ist bezaubernd, sie spricht ohne Punkt und Komma, problemlos auch in Deutsch. Das lernte sie, als sie sich TV-Serien wie Friends und The Big Bang Theory, die sie schon in Amerika liebte, in der deutschen Synchronfassung anschaute. Pragmatisch, so könnte man die vielfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe auch bezeichnen.

Ihre Eltern, beide Wissenschaftler, wollten ihr keinen chinesischen Namen geben, sondern einen europäischen. Es wurde Claire (französisch ausgesprochen) – und nicht Ursula. Dieser Name stand tatsächlich zur Debatte. „Ich glaube, ich hatte Glück“, kichert die Pianistin mit den zupackenden Händen. Mit Werken russischer Komponisten wird sie im Februar in Deutschland zu hören sein.

Claire Huangci
Claire Huangci © Gregor Hohenberg

Hundertprozentig überzeugt: Claire Huangci

Woher kommt ihre Zuwendung zum Russischen? Mit 13 Jahren Jahren begann sie ihre Ausbildung am Curtis Institute of Music in Philadelphia. Ihre Lehrer dort waren Eleanor Sokoloff und Gary Graffman, die sie ans russische Repertoire heranführten. „Ich habe alle Klavierkonzerte von Prokofjew kennengelernt, alle von Rachmaninow. Gerade zu Rachmaninow kehre ich immer wieder zurück. Ich bewundere ihn nicht nur als Musiker, sondern auch als Mensch.“

Huangci geht es darum, ein größeres Bild des jeweiligen Komponisten vor Augen zu haben, wie es ihr bei ihrer Einspielung der „Préludes“ von Sergej Rachmaninow so vortrefflich gelungen ist. „Eine Aufnahme ist anders als ein Konzert. Es bleibt ewig und ist nicht mehr revidierbar. Deshalb sollte man sich genau überlegen, was man gerade zeigen möchte. Was ist jetzt, in meinem Leben, was möchte ich von mir zeigen?“

Interessant sei auch, dass heute zuerst die CD-Aufnahme gemacht wird und der Künstler dann erst mit dem Repertoire auf Tournee geht, ähnlich wie bei Pop-Bands. Früher sei das genau umgekehrt gewesen. „Ich mag das eigentlich sehr gern, denn es ist eine gute Vorbereitung mit mir selbst.“ Der große Rachmaninow dagegen mochte es gar nicht, seine Kompositionen auf Musikrollen und später Schallplatten aufzunehmen: „Ich werde sehr nervös bei Einspielungen“, sagte er.

Auf Rachmaninow allein möchte sich Claire Huangci aber nicht festlegen lassen und wird auf ihrer Tournee auch Werke von Scarlatti und Chopin interpretieren. Nicht selten stehen aber auch Uraufführungen auf dem Programmzettel, so bei den jüngsten Klavierkonzerten von Claude Baker und Cord Meijering – unter Einsatz aller Kräfte: „Ich sitze nicht nur vor meinem Flügel, sondern muss auch aufstehen, mitten ins Instrument greifen und die Saiten zupfen. Das klingt gar nicht mehr wie Klavier, sondern wie Harfe. Da muss ich aufpassen mit meinen Fingernägeln. Ich habe mir mit einer Hotelzimmer-Karte beholfen. Das klappte prima.“ Da sind sie wieder, die feinen Hände. Und der Pragmatismus.

Sehen Sie hier den Trailer zu Claire Huangcis Album „Rachmaninov: The Preludes“:

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