Plötzlich stand Hans Graf aus dem österreichischen Marchtrenk im Madison Square Garden von New York auf der Bühne, neben Lady Gaga, Shakira, Ed Sheeran, der Crème de la Crème der Pop-, Rock- und Jazzmusik. In seiner Hand die 2,7 Kilogramm schwere goldene Trophäe, einen Grammy für die „beste Opernaufzeichnung des Jahres 2018“! Mit seiner Interpretation von Alban Bergs „Wozzeck“ mit dem Houston Symphony Orchestra hatte Graf sogar seinen berühmten Kollegen Valery Gergiev ausgestochen, der ebenfalls nominiert war. Übrigens: Auch Rapper Jay-Z ging leer aus.
Mag sein, dass die Karriere des 68-jährigen Graf nicht so spektakulär im Rampenlicht verlief wie die der Anderen. Zu sagen und zu erzählen hat Graf sehr viel, vielleicht mehr als seine prominenten Kollegen. Wie etwa aus seiner Zeit im damaligen Leningrad, wo er mitten im Kalten Krieg studierte und seine Frau kennenlernte. Oder aus Bagdad, in das es ihn Mitte der Siebzigerjahre verschlug, als Chefdirigent des irakischen Nationalorchesters. „Lieber irgendwo etwas arbeiten können als nur zu warten“, dachte er damals und nutzte jede Chance. Auch die, 1979 am Karl-Böhm-Wettbewerb teilzunehmen. Er gewann und war plötzlich „irgendwie mittendrin“.
Hans Graf in Houston
„Gelln S’“, sagte Böhm ihm nach der Entscheidung, „jetzt san Sie, wie die Engländer sag’n, jetzt san Sie ‚overwhelmed‘.“ Sprich: überwältigt. Das war er, und plötzlich lief es. 1984 übernimmt er die Leitung des Mozarteum Orchesters, wechselt nach zehn Jahren zur baskischen Philharmonie nach San Sebastián. 1995 wird er Chefdirigent des Calgary Philharmonic Orchestra, ab 1998 führt er das Orchestre National Bordeaux Aquitaine in Frankreich und fungiert zudem als Musikdirektor der Oper. Als er den Chefdirigentenposten des Houston Symphony Orchestra im Herbst 2001 antritt, heißt es in den lokalen texanischen Medien: „There’s a new sheriff at the Houston Symphony, and his name is Hans Graf.“
152 Meter lang und 24 Meter breit war der rote Teppich bei der Grammy-Verleihung, insgesamt 3.678 Quadratmeter und damit ein bisschen größer als der Bremer Marktplatz. Dafür erwartet Hans Graf in der Glocke ein enthusiastisches Publikum, auch weil der exzentrische Pianist Tzimon Barto mit von der Partie ist.
Das Houston Symphony Orchestra über Hans Graf: