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ECHO Klassik 2017: Matthias Goerne

In Mahlers Klangwelt

In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Bariton Matthias Goerne von einem klugen Schubert- und Schumann-Interpreten zu einem echten Mahler-Spezialisten entwickelt

vonMatthias Nöther,

„Die Symphonie muss sein wie die Welt, sie muss alles erfassen“, soll Gustav Mahler einst bei einer Diskussion mit seinem Kollegen Jean Sibelius gesagt haben. An diesem Ausspruch orientierte sich wohl auch der italienische Komponist und Mahler-Fan Luciano Berio, als er zum 125-jährigen Jubiläum des New York Philharmonic Orchestra Ende der 1960er Jahre daran ging, in seinem gigantischen Orchesterwerk „Sinfonia“ das ohnehin schon schwer überschaubare Scherzo aus Mahlers zweiter Sinfonie für die Postmoderne tauglich zu machen – mit einer wüsten Zitatwelt und neben dem Riesenorchester solchen Avantgarde-Instrumenten wie einem elektrischen Cembalo.

Weniger bekannt ist, dass Berio sich 20 Jahre später noch einmal Mahler näherte: In einem Arrangement von 10 frühen Mahler-Liedern, deren ohnehin schon große Besetzung er noch einmal anreicherte, um die Unübersichtlichkeit der Mahlerschen Klangwelt auch hier zu betonen.

Matthias Goerne in leichter Über-Lebensgröße

Es ist unter anderem die Klangbalance zwischen dem orchestralen Riesenapparat und dem Bariton von Matthias Goerne, die kürzlich das BBC Symphony Orchestra unter dem Dirigat von Josep Pons zu einer exzeptionellen Einspielung dieser schwierigen Musik führte. Die expressiven, dem Leben und dem Volkslied abgehörten Vokallinien präsentiert der preisgekrönte Matthias Goerne in jener leichten Über-Lebensgröße, die sie bereits bei Mahler selbst benötigen. Und auch das übrige Textgemisch aus Zitaten von Beckett, Levi-Strauss und Berio wird sehr viel deutlicher als es in der besten Live-Aufführung dieser Lied-Arrangements geschehen könnte.

Ein echter Mahler-Spezialist

Matthias Goerne beweist nun ausgerechnet anhand einer Musik von Luciano Berio einmal mehr, dass er sich in den letzten 10 Jahren von einem klugen Schubert– und Schumann-Interpreten zu einem klugen und detailversessenen Sänger mit stets lupenreiner gesanglicher Diktion zu einem echten Mahler-Spezialisten entwickelt hat. So bleibt Goerne dem Genre des Kunstlieds treu, das ihn einst berühmt gemacht hat, selbst wenn er längst in der Welt der großen Oper und mittlerweile auch der hochdramatischen Baritonpartien zu Hause ist.

Seine Liebe zu Mahler und Schubert wird flankiert von Auftritten als Wozzeck wie jüngst bei den Salzburger Festspielen, aber auch seiner Annäherung an Wagner, und zwar zuletzt auch im Heldenfach mit dem Wotan in den Musikdramen „Das Rheingold“ und „Die Walküre“. Gespannt darf man auch auf Matthias Goernes Funktion als „Artist in Residence“ in der zweiten Spielzeit der Hamburger Elbphilharmonie sein.

Matthias Goerne singt Mahler:

https://youtu.be/tNqt1uwaU3k

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