An den Moment, als er erstmals den Klang eines Cello hörte, erinnert sich Edgar Moreau ganz genau. Er war vier Jahre alt, als er mit seinem Vater ein Antiquitätengeschäft betrat und dort ein Mädchen auf einem Cello spielen hörte. Seit diesem Tag ließ das Instrument den heute 23-jährigen Musiker aus Paris nicht mehr los. Bereits wenige Tage nach diesem Schlüsselerlebnis hielt er sein eigenes Cello in den Händen.
Sein Debütkonzert im Alter von neun Jahren mit dem Orchester des Teatro Regio di Torino markiert den frühen Startpunkt seiner ausgedehnten Solisten-Tätigkeit. Mit dreizehn begann er am Pariser Konservatorium sein Studium bei Philippe Muller, seit 2013 studiert er an der renommierten Kronberg Academy. Zwischendurch knüpfte Moreau durch Festivalakademien und Meisterklassen Kontakte in die Welt der klassischen Musik. Einen besonderen Druck, gerade als junger Musiker, hat er dabei nie empfunden. Speziell die Teilnahmen an verschiedenen Wettbewerben, sagt er, hätten ihn auf das Musikerleben vorbereitet: „Man muss ein großes Repertoire innerhalb kürzester Zeit abrufbar haben, was natürlich mit einem gewissen Stress verbunden ist. Warum aber nicht aus der Not eine Tugend machen und die Wettbewerbssituation als Vorbereitung auf das Musikerdasein sehen?“
Im Alter von fünfzehn Jahren gewann er mit diesem Credo den „Young Soloist Prize“ der renommierten „Rostropovich Cello Competition“, zwei Jahre darauf erhielt er den zweiten Preis und die Ehrung für die beste Darbietung eines Auftragswerks beim „Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb“ in Moskau. Auch die Auszeichnung in der Wertung „Révélation Soliste Instrumental“ bei der jährlichen Preisvergabe des „Victoires de la Musique“ war ein entscheidender Moment in seiner noch jungen Solistenlaufbahn. „Wenn man dort spielen kann, kann man überall spielen“, erklärt Moreau mit einer gewissen Ironie. Dennoch mag man es dem jungen Franzosen fast wörtlich abnehmen.
Edgar Moreau: Suche nach neuen Wegen
Der bedeutendste Aspekt bei der Teilnahme an Wettbewerben ist für Moreau jedoch, Aufmerksamkeit zu generieren – auf der einen Seite natürlich für sich und seine Karriere, auf der anderen Seite ist es ihm aber auch eine Herzensangelegenheit, die klassische Musik einem jungen Publikum zugänglicher zu machen. Nicht ohne Grund übernimmt er die Social Media Kanäle rund um seine Person gleich selbst. „Viele junge Menschen haben gar keinen Kontakt zu dem Genre.“ Moreau möchte das ändern, Vorurteile abbauen und neue Wege finden, junge Menschen für die Klassik zu begeistern. Ziemlich ambitioniert für einen so jungen Cellisten, möchte man meinen, Moreau aber ist entschlossen und spricht liebevoll von seiner „Mission“.
Heute gibt er bis zu einhundert Konzerte im Jahr, arbeitet mit Größen wie Gidon Kremer, Sir András Schiff und Valery Gergiev zusammen und probiert sich mit den Violinisten Renaud Capuçon und Guillaume Chilemme sowie dem Bratscher Adrien La Marca im Streichquartett-Repertoire. „Im Grunde ist es traurig, nicht das gesamte Repertoire spielen zu können.“ Fast das Beeindruckendste an seinem Beruf ist für Moreau das Zusammenspiel und der generationenübergreifende Austausch mit etablierten Musikern. Was für andere junge Solisten eine Hemmschwelle wäre, nimmt er ganz leicht.
Auch hinsichtlich der Auswahl seines Repertoires wird Moreau von seiner jugendlichen Spontanität geleitet, ohne jedoch den Blick auf die zukünftigen Schritte seiner Karriere zu verlieren. „Junge Musiker sind die Zukunft der klassischen Musik.“ Das erkannte Edgar Moreau bereits an jenem Tag im Antiquitätengeschäft.