Wer einmal in Georgien war und am Lagerfeuer oder an einer Festtafel spontan intonierten, dreistimmigen Volksgesang erlebt hat, wird kaum abstreiten können, dass die Hochkaukasier zu den urmusikalischsten Bewohnern des Erdballs gehören. Dreistimmig sind die Gesänge deswegen, weil sie in einem der am frühesten christianisierten Länder Europas die Trinität darstellten. Dass in Georgien ein Musiker wie Giorgi Gigashvili mühelos mehrere Genres beherrscht, ist daher bei dieser Tradition kein Wunder.
Zunächst reüssierte der Pianist nämlich als Pop-Sänger. Im Alter von dreizehn Jahren gewann er die georgische Version einer TV-Talentesendung, setzte gleichwohl aber – getrieben von der Frau Mama – seine klassische musikalische Ausbildung auf dem Klavier am Tifliser Konservatorium fort. Und was soll man sagen? Sie ging ihm offensichtlich so leicht von der Hand, dass er 19-jährig auch den Vigo-Klavierwettbewerb gewann, wo ihm die Juryvorsitzende Martha Argerich bescheinigte, ihre erste Wahl gewesen zu sein. Mehrere weitere Wettbewerbserfolge später und nach Studien in Genf und Berlin hat Gigashvili längst die internationalen Konzertpodien erklommen und natürlich auch eine Debüt-CD aufgenommen.
Giorgi Gigashvili liebt auch die heimatlichen Klänge aus dem Kaukasus
Aber dort, wo andere den Olymp endlich bezwungen sehen, fängt seine musikalische Neugier gerade erst an. Der heute 25-jährige Wahlberliner gibt nicht nur klassische Rezitals, sondern spielt genauso liebend gern zusammen mit Bands; er lässt die Heroen der Pianosalon-Literatur auf Pop- und Elektrosongs und nicht zuletzt seine heimatlichen Klänge aus dem Kaukasus treffen. Nicht alles mag dabei immer treffsicher zusammenpassen, aber ein Genuss ist seine Experimentierfreude allemal. Denn der Freigeist Gigashvili, der zu Hause auch oft für demokratische Rechte auf die Straße geht, mag sich nicht festlegen auf die geradlinigen und manchmal eben auch sehr schmalen Grate üblicher Musikerkarrieren.
Und wenn er dereinst seinen Traum verwirklicht, mal 24 Stunden durchgehend im legendären Berliner „Berghain“ zu spielen, dann kann man sicher sein: Die nächsten verrückten Ideen brütet er schon beim In-die-Tasten-Hauen aus.