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Porträt Jakub Józef Orliński

Vivaldi in Shorts

Countertenor Jakub Józef Orliński wagt den Spagat zwischen Opernbühne und Breakdance. Sein Stimmfach entdeckte er eher durch einen Zufall.

vonJohann Buddecke,

Ein Breakdancer und Model, der beim renommierten Festival d’Aix-en-Pro­vence in kurzen Hosen Vival­dis „Vedrò con mio diletto“ singt, noch dazu in glasklarer Countertenorlage – diese Vorstellung wirkt beim ersten Gedanken an die Situation absurd. Doch auch die Klassikwelt hat hin und wieder ein Über­raschungsmoment zu bieten, für den in diesem speziellen Fall Jakub Józef Orliński sorgte. Doch gerade dieser höchst ungewöhnliche Auftritt bescherte dem heute 28-Jährigen im Jahr 2017 einen nachhaltigen Erfolg. Bis heute klickten über drei Millionen Menschen auf YouTube den Mitschnitt seiner lässigen Darbietung, der ganz nebenbei das große Talent des charmanten Sängers dokumentiert.

Mit Leidenschaft und Hingabe

Im Gespräch bekräftigt sich der frische Eindruck des aus Warschau stammenden Shootingstars, der auf seinen Erfolg angesprochen nonchalant entgegnet: „Ich singe immer mit derselben Leidenschaft und Hingabe, damals nur eben in Shorts“. Mit jener Leidenschaft und Hingabe startet Orliński in der Klassikwelt gerade so richtig durch. Für sein Debüt-Album grub er ganz tief in der Repertoirekiste, schrieb dabei mit acht Weltersteinspielungen ganz nebenher Tonträger­geschichte, sang sich mit Debüts unter anderem an der New Yorker Carnegie Hall in die Herzen der Zuschauer und ist außerdem noch als Breakdancer aktiv.

Was sofort auffällt: Orliński hat eine beeindruckend frische Herangehensweise an seine künstlerische Tätigkeit, sei es das Tanzen oder die Musik. „Ich bin sehr glücklich mit meiner Arbeit, mit dem Tanzen auf der einen und dem Singen auf der anderen Seite. Da fällt die wenige Freizeit auch nicht so schwer.“ Sein Terminplan ist tatsächlich reichlich gefüllt – CD-Aufnahmen hier, Opernproduktionen und Solorecitals dort.

Jakub Józef Orliński
Jakub Józef Orliński

Vom Bassbariton zum Countertenor

Wann das mit der Leidenschaft für die Musik so richtig anfing, kann Orliński im Gegensatz zu vielen Künstlerkollegen seines Alters nicht genau benennen. „Es gab kein Erlebnis, bei dem ich sage, dieses oder jenes wäre entscheidend gewesen.“ Eine musikalische Vorbildung in seiner Kindheit gab es jedenfalls keine. „Ich habe elf Jahre lang in einem Chor gesungen, interessanterweise als Bassbariton.“ Die Countertenorlage entdeckte er, als er in einem kleineren Ensemble Renaissancewerke einstudierte. „Die Frage war, wer die hohe Stimme übernimmt. Ich war der Jüngste und damit war es entschieden“, erzählt er in seiner unbeschwert freundlichen Art.

Dann folgte eine Bilderbuchausbildung. Erst ein Studium an der Fryderyk-Chopin-Musikuniversität in Warschau, dann an der renommierten New Yorker Juilliard School, zwischenzeitlich war er Teil des Young-Artist-Programms des Teatr Wielki in Warschau und sammelte Bühnenerfahrung unter anderem in Händel-Produktionen am Theater ­Aachen, der Oper Leipzig und der Warschauer Kammeroper. Auf Vorbilder angesprochen, entgegnet er wie aus der Pistole geschossen: „The King’s Singers!“ Jener lupenreine Ton des legendären Ensembles ist Orlińskis Referenz.

Sein Gesang und seine Stimme bezeichnet er als den für ihn ­geeignetsten Weg, sich ­küns­t­lerisch auszudrücken. Doch auch auf anderem Wege sucht er den Kontakt zu seinem Publikum und teilt fleißig foto­grafische Impressionen via Social Media. „Ich müsste es natürlich nicht machen. Man sollte sich da als Künstler nicht verpflichtet fühlen. Ich habe aber festgestellt, dass es durchaus dabei helfen kann, noch näher am Publikum zu sein.“ Orliński hat eben eine klare Vorstellung von sich als modernem Klassikkünstler – Momente wie der Auftritt in kurzen Hosen beim Festival d’Aix-en-Provence dürften also nicht die Ausnahme bleiben.

Jakub Józef Orliński beim Festival d’Aix-en-Provence:

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