Startseite » Porträts » Schlecht in Mathe? – Exzellent an den Tasten!

Porträt Julia Hamos

Schlecht in Mathe? – Exzellent an den Tasten!

Für die junge Pianistin Julia Hamos öffnen sich derzeit viele Türen.

vonStefan Schickhaus,

Dass Pianistinnen und Pianisten davon berichten, dass sie von ihren Eltern bereits im Alter von vier Jahren zum Klavierunterricht geschickt wurden, ist nichts Ungewöhnliches. Doch bei Julia Hamos überrascht die Begründung für diese frühe Förderung: Ihre Mutter dachte, die Tochter sei schlecht in Mathematik (mit vier?), und sie habe gelesen, dass Klavierspielen gut sei für mathematisches Verständnis. In Mathe sei sie immer noch schlecht, sagt die junge Frau 25 Jahre später, mittlerweile eine erfolgreiche Pianistin – „aber ich hoffe, es liegt daran, dass ich meine ganze Energie in die Musik stecke“.

An einem Tag, der Weichen stellen sollte, musste sie ihr ganzes Geld in eine Taxifahrt stecken, für die Studentin Anfang 20 eine Premiere. Es war in New York, ihrer Geburtsstadt, Julia Hamos hatte die Gelegenheit bekommen, Sir András Schiff vorzuspielen – Schiff ist Ungar, Hamos’ Familie stammt aus Ungarn. Doch es gab ein Missverständnis, sie erschien am falschen Ort und musste dann quer durch die Stadt, da blieb nur das Taxi. Sie kam viel zu spät, Schiff hatte eigentlich keine Zeit mehr. Und sie spielte, schilderte sie, plötzlich ohne jede Nervosität, sie hatte ja nichts mehr zu verlieren. „Ich spielte so gut wie nie zuvor, ich war völlig frei“.

Ihr hang zur ungarischen Musik prägt die Programme von Julia Hamos

Sir András Schiff wurde ihr Förderer. So gehörte Julia Hamos zu jenen drei besonders begabten Pianisten, die Schiff für die Konzertreihe „Building Bridges“ auswählte, in der Saison 2022/23 wurden ihr so Auftritte bei Konzertveranstaltern und Festivals in ganz Europa ermöglicht. Auch Daniel Barenboim öffnete manche Tür. So ist die in Berlin lebende Pianistin aktuell Assistentin des musikwissenschaftlichen Programms an der Barenboim-Said-Akademie. Auch CD-Projekte stehen in diesem Sommer an, etwa Mozarts Konzert für drei Klaviere mit der Camerata Schweiz unter der Leitung von Howard Griffiths für das Label Alpha Classics.

Obwohl an der US-Ostküste geboren und aufgewachsen, pflegt Julia Hamos einen engen Kontakt zum Land ihrer Eltern. Und auch auf ihren Konzertprogrammen finden sich die drei Großen der ungarischen Musik regelmäßig wieder: Béla Bartók, György Ligeti, György Kurtág, mit letzterem verbindet sie eine intensive künstlerische Zusammenarbeit. Ligeti, ist er nicht der Mathematiker unter den Komponisten? So schlecht kann Julia Hamos also in der Rechenkunst dann doch nicht sein.

Termine

Auch interessant

Rezensionen

  • Dirigent, Konzertorganist und Cembalist
    Blind gehört Hansjörg Albrecht – Bruckner-Spezial

    „Da ist solch eine Energie!“

    Hansjörg Albrecht hört und kommentiert Bruckner-Aufnahmen, ohne dass er weiß, wer spielt.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!

Klassik in Ihrer Stadt