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Porträt Kirill Gerstein

From Russia with Jazz

Wandler zwischen den Welten: Kirill Gerstein lässt die weißen und schwarzen Tasten nicht nur in der Klassik aufstieben

vonMichael Blümke,

Angefangen hat bei ihm alles mit Jazz. Als Teenager war Kirill Gerstein von vielen Schallplatten der elterlichen Sammlung so fasziniert, dass er unbedingt Jazz-Pianist werden wollte. Bald stellte sich heraus, dass diese Leidenschaft tief ging und keinesfalls nur eine vorübergehende Phase war. Und so machte er sich 1993 mit 14 Jahren und einem Stipendium für das Berklee College in Boston in der Tasche auf den Weg in die USA. Der Vibraphonist Gary Burton hatte dem Jungen zu diesem Stipendium verholfen, nachdem er ihn bei einem Festival in der UdSSR kennengelernt hatte und von seiner Improvisationskunst hellauf begeistert war. In Boston entdeckte Gerstein dann bald auch die klassische Musik – und steckte in einem Dilemma. Einige Zeit ließen sich Jazz und Klassik noch unter einen Hut bringen, irgendwann aber musste er eine Entscheidung treffen: nicht gegen den Jazz, aber für die Klassik.

Ein Wettbewerb mit Folgen

Eine weise Entscheidung, wie sich schon bald herausstellen sollte. Auch wenn er natürlich nicht ganz vom Jazz gelassen hat und sich immer wieder Ausflüge in dessen Gefilde gönnt. Doch als klassischer Pianist nahm Gersteins Karriere rasch Fahrt auf. Sein erster großer Erfolg war gleich in doppelter Hinsicht bedeutsam für ihn: 2001 gewann er in Tel Aviv nicht nur den renommierten Rubinstein Wettbewerb, sondern lernte auch seine Frau Noam kennen.

Die größte Auszeichnung für einen Pianisten aber wurde ihm 2010 zuteil, als er den alle vier Jahre verliehenen Gilmore Artist Award erhielt. Ein Preis mit Gewicht – auch wenn ihn nur wenige kennen: Landet ein Pianist auf der von zahlreichen namhaften Musikschaffenden erstellten Vorschlagsliste, wird er von den Mitgliedern der anonymen Jury über drei Jahre hinweg bei Konzerten und Auftritten „begleitet“ und bewertet, ohne dass er davon erfährt. So kam es, dass 2010 ein netter Herr aus Michigan Kirill Gerstein nach einem Konzert einen Umschlag mit einem Scheck über 300 000 Dollar überreichte und ihm mitteilte, er wäre der neue Gilmore-Preisträger.

Vom Preisträger zum Kompositionsauftraggeber 

Da der Betrag für die Förderung der eigenen Karriere verwendet werden soll, hat der stolze Gewinner auch ein paar Kompositionsaufträge vergeben. Zum einen an Oliver Knussen, der für ihn Ophelia‘s Last Dance schrieb: ein rund zehnminütiges Werk, das Gerstein dann gleich auf seiner Debüt-CD bei Myrios Classics eingespielt hat. Zum anderen an Brad Mehldau und Chick Corea. Denn schließlich hat bei ihm ja alles mit Jazz angefangen.

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