„Das ist wohl das einzige Stück, das bei jeder einzelnen Aufführung, in jedem Augenblick neu geboren wird! Ich habe es sicher schon hunderte Male gespielt, aber es fühlt sich immer wieder an wie beim ersten Mal.“ Für alle Klarinettisten markiert Mozarts spätes A-Dur-Konzert einen Prüfstein – für Martin Fröst ist es sogar einzigartig. Immer wieder spielt er das Opus mit verschiedenen Orchestern von den USA bis Australien, zudem natürlich quer durch ganz Europa – und trägt damit seinen Teil bei, es immer wieder neu zu erleben. Fröst verwendet exklusiv für dieses Werk ein spezielles Instrument mit einem Tonumfang, der von der Norm abweicht: eine Bassett-Klarinette. Eben solch ein Instrument hatte Mozart seinerzeit ausdrücklich verlangt für sein Konzert, und so ist diese Wahl denn für Fröst auch alles andere als eine Nebensächlichkeit: „Das klingt schon etwas anders; es hat etwas mehr „dolcissimo” im Charakter, ist nicht so präsent wie eine normale Klarinette, etwas gedeckter, was ich sehr mag.“
Erst kürzlich hat er das Werk auf CD eingespielt, nun sind mit dem Berliner Radio-Sinfonieorchester und dem Gewandhausorchester Leipzig zwei weitere renommierte deutsche Klangkörper Partner des umtriebigen Schweden bei seinem Lieblingsstück. Kein Wunder, steigt der Klarinettist doch seit einigen Jahren stetig die Karriereleiter hinauf: Von Salzburg über London bis New York wird Fröst in den wichtigen Musikzentren dieser Welt begeistert empfangen und hat mit zahlreichen renommierten Dirigenten und Orchestern zusammengearbeitet.
Im mittelschwedischen Sundsvall geboren, zog es den Bläser zum Studium erst nach Stockholm, anschließend weiter nach Hannover – sein dortiger Professor Hans Deinzer hat ihn nachhaltig geprägt: „Ich habe da mit dem Klarinetten-Papst gearbeitet, der mir sehr viel über die großen Werke beigebracht hat – das war sehr intensiv, er war der wichtigste Lehrer für mich!“
Neben den Auftritten mit kleineren und größeren Orchestern – wobei er diesen Kontrast der unterschiedlichen Besetzungen und Arbeitsweisen spannend findet – und seiner Tätigkeit als Dirigent liebt Fröst auch die Kammermusik. Eines der wichtigsten Werke für Klarinette in diesem Repertoire ist natürlich das Quintett von Johannes Brahms, mit dem er bereits seit langem wohl vertraut ist – nun spielt er das Werk erstmals mit dem Apollon Musagète-Quartett, das seit seiner Gründung 2006 mehr und mehr von sich reden macht. Ist es schwierig, als fünftes Rad am Wagen auf ein bereits seit Jahren eingespieltes Quartett zu treffen? Keineswegs, befindet der Klarinettist: „Wenn man mit einem Streichquartett zusammenspielt, spielt man ja Stücke, die man als Klarinetten-Solist schon sehr gut kennt – da gibt es nur zwei oder drei wirklich bedeutende Werke im Repertoire. Man findet also schnell die Punkte, auf die es ankommt.“
Im tiefen Schnee lädt er Kollegen zum „Vinterfest“
Da bleibt also noch Luft für weitere Aktivitäten – und die nutzt Fröst für zwei Festivals, die er mit Begeisterung leitet: das Kammermusikfestival im norwegischen Stavanger und das 2006 von ihm gegründete „Vinterfest“, ein Kammermusik-Event vor der Kulisse des im Winter zugefrorenen Orsa-Sees. Tief in Mittelschweden gelegen, gelingt es ihm doch, Jahr für Jahr hochkarätige Musiker in die Provinz zu locken. Irgendwie typisch für Fröst, dass er sich in diesem eigenwilligen Konzept nicht beirren ließ: „Es ist mitten im tief verschneiten schwedischen Winter und wir sind am Ende der Welt – viele Leute haben mir gesagt, dass das Festival deswegen nicht funktionieren wird. 2015 ist unsere zehnte Saison und ich glaube, dass es gerade deswegen funktioniert.“
Neben diesem Ausflug in die Tundra will er aber natürlich den großen Podien der Welt treu bleiben – und angesichts seiner breit gefächerten Aktivitäten darf man gespannt sein, was diesem vielseitigen Künstler hier noch so alles einfallen wird. Denn mag er (und mit ihm sein Publikum) auch Mozart immer wieder neu entdecken, so wird er es doch ganz sicher nicht mit dem populären Werk bewenden lassen.