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Porträt Martin Fröst

Auf neuen Wegen

Weltweit wird Martin Fröst für sein Klarinettenspiel gefeiert. Und doch will der Schwede künftig kürzer treten

vonMarcus Stäbler,

Blond, schlank, groß und smart: Martin Fröst ist ein Schwede wie aus dem Bilderbuch. Nur ein Detail will so gar nicht in dieses (Klischee-) Bild passen: Wenn der Musiker die Bühne betritt, gibt er seine Zurückhaltung auf und wirkt ganz und gar nicht mehr nordisch, geschweige denn kühl. In einem Stück wie den Peacock Tales – ein hochvirtuoses Klarinettenkonzert, das der Komponist Anders Hillborg 1998 für ihn geschrieben hat – spielt Fröst nicht nur, sondern tanzt und gestikuliert wie ein Klarinettenbeschwörer: mit einer Maske auf dem Kopf!

Jahrgang 1970, gehört der Mann aus dem hohen Norden auch deshalb zu den herausragenden Klarinettisten der Gegenwart, weil er das Spektrum seines Instruments beständig erweitert hat. Mit neuen Klängen – etwa durch das gleichzeitige Blasen und Singen – aber auch durch seine Offenheit für szenische und pantomimische Elemente.

Keine Frage, Fröst hat einen ganz eigenen Stil gefunden und geprägt – auch dank der Abgeschiedenheit seiner schwedischen Heimat: „Es gibt nicht so viele äußere Stimulanzen wie anderswo, man wird mehr in Frieden gelassen“, sagt er. Was eine gute Voraussetzung für einen Musiker sei: „Denn einerseits hat er einfach mehr Ruhe zum Üben, andererseits kann er so ohne zu große fremde Einflüsse seine eigene Stimme entwickeln.”

Fröst hat sein eigenes Konzertformat entwickelt

Fröst hat diese Möglichkeiten bestens genutzt. Er zählt zu den renommiertesten Holzbläsersolisten und ist bei vielen großen Klangkörpern zu Gast. Weltweit – in London etwa wurde er erst Ende 2015 für seine Aufführung des Mozart-Klarinettenkonzerts mit dem Gewandhausorchester unter Riccardo Chailly geradezu frenetisch gefeiert. Schon 2005 hatte sich seine Aufnahme des Mozart-Klassikers in einem Blindtest gegen 49 Vergleichseinspielungen durchgesetzt: ein Erfolg, der seiner Karriere damals einen ordentlichen Schub gegeben hat.

Nun könnte er seinen prallen Tourkalender problemlos mit Werken von Mozart, Weber und Brahms füllen. Doch so sehr er deren Musik liebt und so großartig er diese auch spielt – das allein reicht ihm nicht. Fröst möchte neue Wege gehen, um die mitunter immer noch recht starren Strukturen des klassischen Konzertbetriebs aufzubrechen. „Ich glaube, es ist wichtig, neue Türen zu öffnen – für das Publikum, für die Orchester, aber auch für mich.“ Weshalb er 2013 sein „Doll­house“-Projekt konzipiert hat, das die traditionellen Konzertabläufe durch ein neues Format ersetzt.

Zweifacher Familienvater

„Ich trete dabei nicht bloß als Solist, sondern auch als Dirigent, Moderator und Zeremonienmeister in Erscheinung, kann so ein Programm als kontinuierlichen Gedanken entwickeln und den Zuhörern präsentieren.“ Und die Reaktionen auf die ersten Dollhouse-Konzerte mit dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra haben ihn in seiner Idee bestätigt: „Wenn man merkt, wie begeistert ganze Familien, mit Großeltern und Kindern – manche davon in ihrem ersten Konzertbesuch – darauf reagieren, ist das sehr erfüllend!“

Apropos Kinder: Martin Fröst ist selbst zweifacher Familienvater – und möchte dies in Zukunft noch mehr genießen. „Ich habe in den letzten Jahren viel Energie und Zeit in meinen Beruf investiert und bin sehr glücklich darüber, was ich erreicht habe“, sagt er. „Aber was bleibt übrig, wenn ich einmal 85 bin? Dass ich das Mozart-Konzert über tausend Mal in den wichtigsten Konzerthäusern gespielt habe?“ Sein Blick geht aus dem Fenster – und dann antwortet der Vater sich selbst: „Gerade wenn die Kinder zu mir kommen, merke ich, dass ich einen Wechsel brauche. Deshalb versuche ich, das Reisen herunterzufahren und mehr zu Hause zu sein.“ Dort, wo viele Menschen blond und groß und freundlich sind und oft einen ziemlich glücklichen Eindruck machen.

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