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OPUS KLASSIK 2018: Tatjana Ruhland, Eckart Heiligers, Symphonieorchester SWR & Alexander Liebreich

Ungeahnt gestalterisch

Für ihre Einspielung von Werken Carl Reineckes erhält Tatjana Ruhland gemeinsam mit Eckart Heiligers, dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR und Alexander Liebreich den OPUS KLASSIK in der Kategorie „Konzerteinspielung des Jahres (19. Jahrhundert)“.

vonNicolas Furchert,

Vergessene Musik auszugraben ist das eine, sie überzeugend aufzunehmen das andere. Tatjana Ruhland, Soloflötistin des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart, ist jedenfalls weit mehr als eine Orchesterflötistin und wird deshalb – gemeinsam mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR unter Alexander Liebreich sowie dem Pianisten Eckart Heiligers – vollkommen zu Recht mit dem OPUS KLASSIK für die Konzerteinspielung des Jahres (19. Jahrhundert) ausgezeichnet. Mit wunderbar klarem Ton zeigt sie, was für Gestaltungsmöglichkeiten die 1847 entwickelte, in Deutschland lange Zeit kaum akzeptierte Querflöte bietet.

Zwischen 1998 und 2011 sorgte das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter seinem Chefdirigenten Roger Norrington mit dem sogenannten „Stuttgart-Sound“ für neue Hörerlebnisse, die vor allem vom fast vollständigen Verzicht auf Vibrato gekennzeichnet waren. Auch Tatjana Ruhland hält sich in Bezug auf den Vibratogebrauch gerne zurück und setzt das Mittel allenthalben so sparsam ein, wie es der Musikästhetik des 19. Jahrhunderts einst entsprochen hatte. Das dadurch vor allem harmonisch klarere Klangbild hört man auch den mit dem OPUS KLASSIK ausgezeichneten, von Alexander Liebreich geleiteten Aufnahmen mit Werken von Carl Reinecke an. Carl wer? Das wird sich mancher Hörer fragen und damit gleichzeitig ein weit verbreitetes Phänomen unter Musikern aufzeigen. Denn die im gesamten Musikbetrieb anzutreffende Konzentration auf die bekanntesten Namen der Musikgeschichte führt dazu, dass viele zu Lebzeiten geachtete Komponisten allenfalls noch im Schatten der Biografie eines berühmteren Kollegen Erwähnung finden.

Ausgezeichnet für die Konzerteinspielung des Jahres: Tatjana Ruhland

Das Label cpo macht sich bereits seit Jahren um vergessenes Repertoire verdient, so auch mit dieser CD mit Flötenkonzerten und -sonaten von Reinecke (1824–1910). Geboren im damals dänisch verwalteten Altona studierte er in Leipzig und lernte hier mit Robert Schumann und Felix Mendelssohn seine größten kompositorischen Vorbilder kennen. Bedeutendste Station seiner Karriere war ab 1860 der Posten des Kapellmeisters am Leipziger Gewandhaus, den er 35 Jahre lang innehatte. Gleichzeitig wirkte er als Lehrer am Konservatorium der Stadt. Im engen Austausch mit zwei Soloflötisten des damaligen Gewandhausorchesters entstanden die Werke für Flöte und Orchester bzw. Klavier. Es handelt sich durchgehend um Kompositionen aus Reineckes zweiter Lebenshälfte, beginnend mit der Sonatine op. 108 und endend mit seiner letzten Tonschöpfung überhaupt, der Ballade op. 288.

Reineckes Werkverständnis war dabei einerseits von einer konservativen Grundhaltung geprägt und andererseits von dem Gedanken, seinen Studenten mehr Auswahl an Literatur anzubieten. Diese Musik steht nicht an vorderste Linie der Avantgarde, doch das muss sie auch nicht. Der Umgang mit den Formen und der Melodienreichtum zeigen genug Erfindungskraft, um keineswegs als zweitrangig bewertet werden zu müssen. Das beweist auch diese Aufnahme mit ihrem transparenten Orchesterklang, der auch die Nebenstimmen hörbar werden lässt.

Eine empfehlenswerte Entdeckung, nicht nur für Flötisten, und vor allem eine verdient ausgezeichnete Konzerteinspielung des Jahres.

Hören Sie hier den ersten Satz aus Carl Reineckes Flötenkonzert D-Dur, op. 283:

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Preisträger-Album

Album Cover für Carl Reinecke: Flute Concertos, Flute Sonatas
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Carl Reinecke: Flute Concertos, Flute Sonatas

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