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Porträt Accademia Bizantina

Als wär’s ein Quartett

Die Accademia Bizantina hat von Beginn an ein ganz eigenes Klangideal – und verschreibt sich gleichzeitig der historisch informierten Aufführungspraxis.

vonWolfgang Wagner,

Wer durch die Innenstadt von Ravenna schlendert und einen Blick in die Kirche San Vitale wirft, entdeckt die überwältigenden Mosaike aus dem 6. Jahrhundert. Das reiche Erbe der Stadt an spätantiker und frühbyzantinischer Kunst ist seit 1996 UNESCO-Welterbe und inspiriert bis heute. Zu internationaler Bekanntheit hat es der 1983 gegründete Klangkörper Accademia Bizantina gebracht, dessen auf einem Vorschlag des Pianisten Jörg Demus beruhender Name an die Mosaikkunst seiner Heimat erinnert.

Accademia Bizantina – Musik machen wie ein großes Quartett

In dieser Zeit wurden viele Orchester gegründet, die sich auf historische Spielpraxis spezialisierten und barocke Schätze hoben. Die Accademia Bizantina ging aber von Anfang an einen eigenen Weg, indem sie den Anspruch erhob, ein Ensemble zu sein, in dem Solisten miteinander musizieren. Den Gedanken, „Musik zu machen wie ein großes Quartett“, kann man bis heute erfahren, wenn man das Orchester hört.

Ottavio Dantone
Ottavio Dantone © Walter Capelli

Das ist keineswegs selbstverständlich, denn die Accademia hat im Laufe ihrer Geschichte eine starke Wandlung vollzogen, die vor allem mit einer Künstlerpersönlichkeit verbunden ist: Als der Cembalist Ottavio Dantone 1989 in das Orchester aufgenommen wurde, war er 29 Jahre alt. Unter all den Solisten fühlte er sich bestens aufgehoben, sein starker musikalischer Gestaltungswille führte ihn aber 1996 weiter an das Dirigentenpult der Accademia.

Was er seitdem genau verändert hat? „Alles“, lautet seine kurze und knappe Antwort. „Damals stammten alle Mitglieder der Accademia aus Ravenna, inzwischen ist die Besetzung international.“ Heute sind lediglich drei Mitglieder der damaligen Besetzung tätig. „Besonders wichtig war mir von Anfang an, die barocken Spieltechniken um ein Wissen der zeitgenössischen Musiksprache zu ergänzen“, führt Dantone weiter aus. Um sich ein umfassendes Verständnis für diese zu erarbeiten, taucht er in die Mentalität und den Diskurs der jeweiligen Zeiten und Epochen ein, denn nur auf diese Weise ist eine schlüssige Deutung des emotionalen Gehalts der Werke möglich, die er dem Orchester vermittelt.

Proben im Hotel unter schlechtesten Bedingungen

Ohne seine Wurzeln darüber vergessen zu haben, ist das Orchester heute viel auf Reisen. Um die musikalische Qualität bei wechselnden akustischen Bedingungen auf einem Niveau zu halten, hat die Accademia unter Dantone eine eigene Methode entwickelt: „Wir proben gerne in den Hotels, in denen wir übernachten. Weil die Räumlichkeiten dort nicht dafür geeignet sind, stellen wir uns den denkbar schlechtesten Bedingungen. Bei den Konzerten selbst ist dann alles leichter und wir arbeiten nur noch an Details.“

Bei aller Vielfältigkeit im Repertoire der Accademia fällt ein Engagement für einen Komponisten besonders auf: Bereits im Jahr 2004 wurde Vivaldis Oper „Tito Manlio“ aufgenommen und jüngst ein Doppelalbum für die Vivaldi-Edition von naïve nachgelegt, das Streicherkonzerte und die Konzerte für Viola da Amore mit dem Konzertmeister Alessandro Tampieri als Solist präsentiert

Echtes Verständnis für Vivaldi

Weitere Vivaldi-Produktionen werden folgen. Dantone erklärt dazu: „Weil Vivaldi im Venedig des 18. Jahrhunderts lebte, einer multikulturellen Kunstmetropole, sind außergewöhnlich viele Musikströmungen in seine Werke eingegangen.“ Das macht seine Stücke auch besonders interessant. Aber: „Eigentlich haben wir Musiker, aber auch das Publikum, uns ein wirkliches Verständnis für Vivaldi erst in den letzten Jahren erarbeitet. Deshalb gehe ich davon aus, dass seine Musik immer beliebter werden wird.“ Und welches Orchester könnte besser dazu geeignet sein, Vivaldi einen Weg zu bereiten, als die Accademia?

Sehen Sie hier die Accademia Bizantina mit Vivaldis Konzert für Streicher RV 167:

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