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Regula Mühlemann im Porträt

Couragiert ins Rampenlicht

Das Ännchen in der Filmadaption des „Freischütz“ hat die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann in die erste Liga junger Sängerstars katapultiert

vonPeter Krause,

Sensationsmeldungen über sängerische Supertalente kommen in der Regel aus Osteuropa – und nicht aus der kleinen, feinen Alpenrepublik. Und doch ist die junge Schweizerin Regula Mühlemann eben solch ein Ausnahmetalent. Zum Gespräch in der Lobby eines der traditionsreichsten Züricher Hotels erscheint sie lieber eine Minute zu früh als zu spät – um dann schmunzelnd festzustellen, dass sich „das Pünktlichkeitsding meiner Landsleute“ bei ihr eher „in der Genauigkeit der musikalischen Vorbereitung“ spiegele.

Dabei klingt ihr eigener bisheriger Werdegang alles andere als genau geplant: „Als ich im letzten Jahr des Abiturs noch gar nicht genau wusste, was ich machen wollte, empfahl mir damals der Chorleiter der Luzerner Kantorei, Eberhard Rex, ein Vorsingen an der Hochschule.“ Große Versprechen verband er damit indes nicht, und so konnte zu Beginn des Studiums denn von Karriereplanung auch noch keine Rede sein: eher von Disziplin, großer Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und ausgeprägter Bodenständigkeit. Sind doch Regula Mühlemanns Eltern selbst keine Musiker – immerhin aber „haben sie mich machen lassen.“ Für die Tochter eine unbedingte Voraussetzung: „Das Umfeld außerhalb der Musik ist mir sehr wichtig, dieses Leben mit den Menschen, die einen nicht bewerten, wie man singt, sondern einen annehmen, wie man ist.“

An großen Häusern die Herausforderung gesucht

Ihr großes Glück damals: Die Jungstudentin lernte sogleich ihre Lehrerin Barbara Locher kennen – bis heute konsultiert sie die Sopranistin und Professorin für Sologesang regelmäßig. Ihr Studium finanzierte Mühlemann mit Nachwuchspreisen, die es in ihrer Heimat reichlich gibt, machte 2010 ihren Masterabschluss. Und ward noch im selben Jahr entdeckt – auf einem sehr unüblichen Weg: In Jens Neuberts Filmadaption von Webers Der Freischütz spielte und sang sie das Ännchen. Parallel banden sie zwei Produktionen an das Theater Luzern, wo sie mit einer ihrer bisherigen Paraderollen debütierte: der Papagena aus Die Zauberflöte. Doch statt nun die von Gesangslehrern stets empfohlene Rosskur über kleine Häuser auf sich zu nehmen, folgte die junge Sängerin lieber Einladungen nach Zürich, Venedig und Baden-Baden. „Ich habe es genau umgekehrt gemacht als üblich und zu Beginn kleine Rollen an großen Häusern gesungen.“

Einen Weg, den die Sopranistin – mittlerweile mit einem Vertrag mit der Sony in der Tasche – in diesem Sommer nun fortsetzt: In der All Star-Besetzung der Baden-Badener Galaproduktion von Figaros Hochzeit singt Regula Mühlemann die Barbarina. Überhaupt sei Mozart mit seiner Ehrlichkeit und tiefen Menschenkenntnis derzeit ihr kompositorischer Fixstern, schwärmt die Eidgenossin – wobei sie sich dessen Schwierigkeiten durchaus bewusst ist: „Mozart zeigt einem immer exakt, wo die Probleme sind. Es klingt so einfach, wenn man’s kann, aber es klingt so schwer, wenn man’s nicht kann.“

Die Vorbilder der Regula Mühlemann

Doch eben diese technischen Anforderungen zu transzendieren, sei ihr Ziel: „Am Anfang steht die reine Fleißarbeit, die kopfgesteuert ist – bis man ein Niveau erreicht hat, auf dem die Koloraturen fließen und die hohen Töne kommen. Dann muss man wegkommen von der Perfektion, dann zieht einen die Emotion durch das Stück, dann strömt es durch den Körper.“ Und sogleich in die Herzen der Hörer, darf der Autor hinzufügen: Denn nach dem Gespäch folgt ein umjubeltes Konzert in der beühmten Tonhalle Zürich. Regula Mühlemanns Tournee mit der Argovia Philharmonic, dem kammermusikalisch durchsichtigen Kantonorchester aus Aargau, findet – natürlich mit Konzertarien von Mozart – ihren fulminanten Abschluss.

Neben ihren drei großen Vorbildern – „Kiri te Kanawa fürs Lyrische, Edita Gruberova für die Koloraturen, Barbara Bonney fürs Lied“ – sind es dabei die Begegnungen mit Rolando Villazón, die sie geprägt haben. Über seine Regiearbeit des Liebestrank etwa erzählt sie: „Als Schweizerin stand ich mir da zu Beginn fast im Wege, war zu nüchtern. Dann merkte ich: Ich darf alles rauslassen.“ Und sie ließ alles raus: „Ich habe da wohl zwei Persönlichkeiten in mir, kann ganz ruhig und zurückhaltend sein, und habe doch auch dieses Bühnengen. Die Mischung macht’s: Auf der Bühne kann ich durchdrehen, dazwischen brauche ich Ruhepausen.“ Wie gut, dass da für letztere ihre Schweizer Heimat beste Voraussetzungen bietet.

 

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