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Porträt Singer Pur

Zurück auf die Bühne

Das Vokalensemble Singer Pur feiert seinen 30. Geburtstag ein Jahr verspätet nach.

vonChristian Schmidt,

Dass Knabenchoristen auch nach ihrem Abschied von der süßen Jugendära zusammen weitersingen, kommt recht häufig vor. Dass sie sich aber nach kurzer Zeit eine Dame dazuholen und mit ihr internationale Karriere machen, ist dann doch eher selten. So geschah es in Regensburg, und weil Singer Pur in den Nachwehen der Corona-Zeit ihren gemeinsamen dreißigsten Geburtstag nicht feiern mochten, verschoben sie ihre Jubiläumsfeierlichkeiten kurzerhand in dieses Jahr. Grund dazu haben sie allemal, denn was letztlich als Abiturientenlaune begann und sich nach dem Gewinn des Deutschen Musikwettbewerbs 1994 professionalisierte, führte die sechs „Singer“ in sechzig Länder auf jedem Erdteil, brachte ihnen unzählige renommierte Preise ein und ist auf über dreißig Alben niedergelegt.

Weil sich die allermeisten Stimmen mit ihren Besitzern wandeln oder mit ihnen altern, ist von der einstigen Originalbesetzung nur noch Tenor Markus Zapp übrig, aber auch er verlässt zum Ende des Jahres die Formation. So ist nicht nur die Ära der einstigen Domspatzen endgültig vorbei, denen es zu Beginn wohl vor allem darum gegangen war, sich von dem vorher jahrelang aufgezwungenen Repertoire zu lösen. Inzwischen hat das Vokalensemble damit auch mehr ehemalige als aktive Mitglieder. Doch das ist völlig normal für ein professionelles A-cappella-Sextett dieser Preisklasse.

Durchaus ungewöhnlich, wenn auch nicht solitär in der Szene, bleibt die Besetzung mit fünf Männern und einer Sopranistin, was dem Ensemble seinen unverwechsel- wie wandelbaren Klang verleiht. Gern sprechen Singer Pur von „ihrem“ Ensemble-Sound, ohne dass sich dieser jedoch wirklich fassen ließe. „Wir mischen und stimmen uns ab und klingen dann wie aus einem Munde; trotzdem würde man eine Stimme vermissen, wenn sie nicht dabei wäre“, versucht sich Bariton Jakob Steiner an einer Erklärung. „Das ist ein sehr individueller und zugleich vielschichtiger Klang, wie ein komplexer Wein mit verschiedenen Facetten.“

Bei dieser ungewöhnlichen Besetzung müssen Singer Pur bei ihrer Werkauswahl kreativ sein
Singer Pur. fotografiert in der Sayner Hütte von Christian Palm

Gereifter Klang

Das Beeindruckende ist dann aber, um im Bild zu bleiben, wie rund und ausgewogen dieser Klang bleibt, der mit den Jahren gereift ist. „Es gab ja keine Stilistik, die wir nicht ausprobiert hätten, weswegen es noch heute den Mix zwischen Renaissance und Jazz gibt“, sagt Steiner. „Davon steht uns natürlich nicht alles, aber wir versuchen immer, besondere Kombinationen zu finden, die wir an jeden einzelnen Konzertort anpassen.“ Diese bunt anmutenden Mischungen, die auf den ersten Blick vielleicht beliebig wirken mögen, machen aber genau den Reiz des Ensembles aus, den Veranstalter wie Publikum gleichermaßen schätzen.

Allerdings zwingt die Besetzung die „Singer“ ohnehin zu immer neuen Arrangements, Stimmsprüngen oder Transpositionen, denn Originalkompositionen für Sopran, drei Tenöre, Bariton und Bass gibt es in der herkömmlichen Literatur kaum. „Dafür stehen wir aber mit guten Arrangeuren und Komponisten in Kontakt, die uns unsere Werke auf den Leib schreiben“, sagt Bariton Jakob Steiner. Das letzte und Anfang Oktober mit dem Opus Klassik ausgezeichnete Album „Among Whirlwinds“ versammelt gar ausschließlich Werke von Komponistinnen – eine ebenso klangeindrückliche wie medienwirksame Erfahrung.

Und wer wollte einem Künstler in diesen schwierigen Zeiten auch das Trommeln verdenken? Gerade die Nische, die die Vokalmusik in der Klassikszene für ein feines, aber kleines Publikum einnimmt, hatte es in Corona-Zeiten besonders schwer, auch wenn Singer Pur Stipendien und Projektförderungen für ihr eigenes Festival erhielten. Aber ohne wirkliche Motivation mit drei Metern Abstand zu probieren, wobei man gar nicht weiß, wofür man das alles macht, nötigte dem Ensemble hörbar eine gewisse Demut ab. „Als Erfolg betrachten wir daher vor allem viele Auftritte mit begeisterten Zuhörern in analogen Konzerten“, sagt Steiner. Denn mal ehrlich: Wer schaut schon wirklich gern Livestreams? „Wir definieren uns über den persönlichen Zuspruch, und der hat sich durchaus noch nicht vollständig normalisiert.“

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