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Sommerreihe: Starke Frauen – Cai Wenji

Stoff für die Peking-Oper

Cai Wenji ist außerhalb Chinas weitgehend unbekannt, dabei zählt sie zu den ersten Komponistinnen in der Musikgeschichte

vonIrem Çatı,

China zur Zeit der Han-Dynastie: Cai Yong, Gelehrter, Dichter und Hofhistoriker in der kaiserlichen Bibliothek, spielte zuhause das Zupfinstrument Guqin, als ihm eine Saite riss. Seine kleine Tochter Cai Wenji erkannte sofort, welche der insgesamt sieben Saiten gerissen war. Um sicherzugehen, dass sie nicht nur richtig geraten hatte, zerschnitt er eine weitere. Auch diesmal konnte Cai Wenji genau sagen, welches die kaputte Saite war. Der Vater erkannte das Talent seiner Tochter und förderte ihre musikalische Ausbildung.

Guqin-Spielerin
Die traditionelle Wölbbrettzither Guqin (auch: Guzheng) hatt ursprünglich fünf Saiten. Heute wird sie in der Regel mit 21 Saiten gespielt © shutterstock

Cai Wenji erlernte das Guqin, das bis heute in der traditionellen chinesischen Musik verwendet und gespielt wird. Es ist eines der ältesten Instrumente und repräsentiert die chinesische Kultur wie kein anderes. Es heißt, dass das Guqin früher vor allem als Instrument der Gelehrten galt und viele von ihnen speziell dafür komponierten. Auch Cai Wenjis Vater spielte nicht nur das Guqin, er schrieb auch ganze Bücher über das Instrument. Von ihm erhielt Cai Wenji aber nicht nur eine musikalische Ausbildung, er förderte sie auch in Geschichte, Literatur und Kalligrafie. Gleichzeitig komponierte sie und schrieb Gedichte.

Turbulente Jahre

Zwischen 194 und 195 kam es zu einem Angriff von Xiongnu-Nomaden auf Chang’an im Territorium von Han, in dessen Zuge Cai Wenji geraubt und verschleppt wurde. Dort wurde sie mit dem Stammesführer Liu Bao verheiratet, mit dem sie zwei Kinder bekam. Unglücklich über die Gefangenschaft und die Trennung von ihrer Familie und Heimat, schrieb sie ihre schmerzerfüllte Komposition „The Eighteen Laments“. Der Großteil ihrer Gedichte und Kompositionen sind traurig und melancholisch.

Cai Wenji. Zeichnung von He Dazi aus der Quing-Dynastie, enthalten im Album "Gathering Gems of Beauty"
Cai Wenji. Zeichnung von He Dazi aus der Quing-Dynastie, enthalten im Album „Gathering Gems of Beauty“ © gemeinfrei

Erst nach zwölf Jahren konnte Cai Wenji vom Han-General und Freund ihres mittlerweile verstorbenen Vaters Cao Cao freigekauft werden. Sie durfte zurück in ihre Heimat reisen, musste ihre Kinder aber zurücklassen. Cao Cao wollte, dass Cai Wenji das Vermächtnis ihres Vater weiterführte und die Geschichtswerke der Han-Dynastie vollendete.

Das Leben von Cai Wenji inspiriert Künstler in China bis heute

In China sind Cai Wenjis Kompositionen und Gedichte sehr präsent und populär. Viele Werke für Flöte und Guqin sind bis heute erhalten geblieben. Ihr turbulentes Leben bietet regelmäßig Stoff für das moderne chinesische (Musik-)Theater oder die Peking-Oper. Sogar in Videospielen gibt es Avatare, die nach ihr benannt sind. Eine Persönlichkeit und Komponistin, bei der sich ein genauerer Blick definitiv lohnt.

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