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Porträt Thomas Larcher

Aufblitzende Gefühle in mosaikartig funkelnden Klanggebilden

Der Komponist und Pianist Thomas Larcher hat sich von ästhetischen Dogmen und Verboten nur kurzzeitig einschüchtern lassen.

vonEcki Ramón Weber,

Als Thomas Larcher 2019 den Großen Österreichischen Staatspreis erhielt, wurde ihm bescheinigt, er lasse sich „keinen gängigen Trends unterordnen“. Vor allem nicht jenen, die in den Neue-Musik-Szenen gerade angesagt sind, wäre hinzuzufügen. Schon als Kind beschäftigt sich der 1963 in Innsbruck geborene Thomas Larcher mit Komposition. Als Jugendlicher sind die Traditionen der europäischen Klassik und die vielfältigen Spielarten des Jazz seine Koordinaten. Dann der Schock beim Kompositionsstudium in Wien: Die überlieferten Dogmen der Nachkriegsmoderne kommen ihm wie ein Wald voller Verbotsschilder vor. Das wirkt lähmend: „Die gewaltsame Suche nach Neuem ist der Garant dafür, dass ich nichts Neues entdecke“, hat Larcher rückblickend dazu bemerkt.

Deshalb entscheidet er sich schließlich für die Laufbahn als Pianist, Elisabeth Leonskaja ist die prägende Lehrerin an der Musikhochschule Wien. Kompositionen fertigt Larcher sporadisch an, vor allem für die Schublade. Erst nach gut zehn Jahren Karriere am Klavier – er arbeitet mit Pultstars wie Claudio Abbado, Pierre Boulez und Franz Welser-Möst bei Konzerten zusammen – stellt er sich ab Ende der neunziger Jahre als Komponist einer breiten Öffentlichkeit vor.

Neues schaffen, ohne die eigene Geschichte zu verleugnen

Heute ist er einer der Erfolgreichsten seiner Zunft. Er hat seinen eigenen Weg gefunden. Seine Werke sprechen das Pub­likum an, von San Francisco bis Montreal, von Berlin bis Amsterdam. Larchers Orchesterwerke werden vom BBC Symphony Orchestra genauso wie vom Ensemble Modern und Leipziger Gewandhausorchster gespielt. Seine erste Oper „Das Jagdgewehr“ nach einer Novelle des japanischen Schriftstellers Yasushi Inoue kam 2018 bei den Bregenzer Festspielen zur Uraufführung. Die Musik Thomas Larchers ist ausdrucksstark und sinnlich, sie kann mitreißen. Sie nutzt auch Klanggestalten, wie sie in der europäischen Musiktradition eingesetzt wurden, um große Gefühle zu transportieren. Dennoch wirkt dies weder retrospektiv noch neoromantisch, sondern individuell und zeitgemäß. Denn solche Gesten erscheinen bei Larcher nur als aufblitzende Partikel in einem vielschichtigen, mosaikartig funkelnden Klanggebilde, werden mal wie in Minimal Music repetiert, mal extrem verdichtet oder vergrößert und oft rhythmisch befeuert. In Larchers 2016 von den Wiener Philharmonikern uraufgeführten Sinfonie Nr. 2 „Kentotaph“ ist dies eindrucksvoll zu verfolgen. Auch Anklänge an Bach kommen bei Larcher vor, in manch einem seiner Klavierstücke auch Floskeln aus dem Pop. Gleichzeitig verachtet der Komponist keineswegs Aufgerautes, Brüchiges oder Verfremdetes. Das zeigen nicht zuletzt seine Stücke für verschiedenartig präpariertes Klavier. Auf diese Weise scheint er für sich die Quadratur des Kreises entdeckt zu haben: Er schafft Neues, ohne die eigene Geschichte zu verleugnen.

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