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Porträt Václav Luks

„Vielleicht wäre es wieder Zeit für eine Reformation?“

Der tschechische Dirigent Václav Luks ist in der Saison 2022/23 Artist in Residence der Kammerakademie Potsdam.

vonHelge Birkelbach,

Die Musik von Johann Sebastian Bach ist so gut, dass sie sogar als Kulturerbe der Menschheit mit der Voyager-Sonde durchs All fliegt. Václav Luks liebt seinen Bach – selbstverständlich auch die „Brandenburgischen Konzerte“, die ihm und seinem Publikum „ein großes Geschenk, ja ein Fest“ sind. Dennoch sei bei der Interpretation allzu großes Schwelgen oder gar romantisierendes Freidrehen fehl am Platz. Luks gilt als einer der führenden Köpfe im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Er betont, dass bei Bach musikalisch immer die Rationalität dominiere, so wie im Protestantismus seiner Zeit. Die Parallelen seien offensichtlich: „Die Reformation war ein Protest gegen den Mainstream, gegen schlechte Gewohnheiten, die als selbstverständlich galten. Auch wir wollten eine eigene Identität gewinnen, indem wir zu den Quellen zurückgehen.“

Seine akribische Arbeit wurde mehrfach belohnt

Die akribische Arbeit des 1970 in Tschechien geborenen Dirigenten, Hornisten und Cembalisten wurde mehrfach belohnt. Zusammen mit dem von ihm gegründeten Prager Barock­orchester Collegium 1704 und dem Vokalensemble Collegium Vocale 1704 wurde er unter anderem mit dem Diapason d’Or, dem Coup de cœur TV Mezzo und dem Preis der deutschen Schallplattenkritik für seine Einspielungen ausgezeichnet. „Eine Menge Selbstvertrauen und dirigentische Präsenz“ bescheinigte ihm ein Kritiker anlässlich der Live-Aufnahme von Händels „Messiah“, die 2019 auf dem Label Accent erschien. Was erreicht ist, sollte jedoch nicht zur Zufriedenheit verführen. Stillstand ist Rückschritt. Luks ist überzeugt: „Es genügt nicht, neue Erkenntnisse zu haben, sie müssen auch zugänglich gemacht und gelebt werden. Heute denken viele, es sei normal, sofort Erfolg zu haben. Vielleicht wäre es wieder Zeit für eine Reformation?“

Václav Luks kuratiert die Sanssouci-Konzerte der KAP

In der Saison 2022/23 ist er Artist in Residence der Kammerakademie Potsdam (KAP). Ein Dirigent als Artist in Residence: Wie geht das? Was sagt der Chefdirigent dazu? Für Antonello Manacorda, der diese Funktion innehat, ist das überhaupt kein Problem. Vielmehr weist er auf die Vorzüge der künstlerischen Kooperation hin. „Schon seit der Gründung ist das Orchester offen dafür, mit Dirigenten wie ­Václav neue Interpretationsmöglichkeiten und Werke zu entdecken“, sagt er. „Die Zusammenarbeit mit ihm in der Vergangenheit war sehr bereichernd und inspirierend.“ In den kommenden drei Saisons kuratiert Václav Luks zudem die Sanssouci-Konzerte der KAP als Künstlerischer Partner.

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