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Wie Trompeter Simon Höfele der Corona-Krise begegnet

„Die Menschheit wird daran nicht zugrunde gehen“

Simon Höfele setzt auf die verbindende Kraft der Musik – und wandelt auf Online-Pfaden.

vonSören Ingwersen,

Die Nachricht traf Simon Höfele zwar nicht ganz unvorbereitet, leicht weggesteckt hat er sie aber nicht. Am 13. März gab er als Solist mit dem Berner Symphonieorchester Bernd Alois Zimmermanns Trompetenkonzert „Nobody knows de trouble I see“. Im Rückblick mutet der Werktitel fast prophetisch an. „Wir wussten schon, dass das zweite Konzert am Folgetag hart auf der Kippe steht. Drei Stunden vor dem Auftritt kam dann die Meldung, dass die Veranstaltung nicht stattfinden wird. Das fühlte sich schon sehr bitter an“, erzählt Höfele. Alle seine Auftritte von Stockholm bis Birmingham und Porto wurden seither gestrichen. Dass sich für das Sinfoniekonzert mit der Badischen Staatskapelle in Karlsruhe ein Ersatztermin im Oktober fand, darf man bei den eng gestrickten Terminkalendern von Künstlern und Konzerthäusern als absolute Ausnahme werten.

Unsicherheit kann psychisch große Schäden anrichten

Trotzdem trifft es den 25-jährigen, international erfolgreichen Solisten im Vergleich mit Tausenden seiner freischaffenden Musikerkollegen weit weniger hart: „Ich habe das Glück, dass ich generell einen vollen Kalender, eine recht günstige Wohnung und keine große Familie habe, die ich durchfüttern muss. Es ist aber wichtig, dass die vielen freischaffenden Künstler, die von der Hand in den Mund leben und die die Grundlage für die gesamte Kulturlandschaft in Deutschland sind, entschädigt werden. Wenn man früher die Banken retten konnte, kann man jetzt auch die Künstler retten.“ Doch die Finanzen sind nur die eine Seite dieser trüben Medaille. Simon Höfele glaubt, dass die Unsicherheit, nicht zu wissen, wann man wieder auf ein halbwegs normales Leben hoffen darf, nicht nur bei freischaffenden Künstlern psychisch große Schäden anrichten kann.

Simon Höfele
Simon Höfele

Es gibt auch Kritiker des neuen Medienhypes

Anfang des Jahres erschien sein Debüt-Album mit Werken von Hummel, Haydn, Copland und Arutjunjan. Gerade noch rechtzeitig, bevor das Virus seinen traurigen Siegeszug durch Europa antrat. Auch dies eine glückliche Fügung: „Während der Aufnahme oder während des Releases hätte mich die Corona-Krise deutlich schlimmer treffen können.“ Höfele versucht, der Ausnahmesituation mit gesundem Pragmatismus zu begegnen und verlegt seine musikalischen Aktivitäten – wie viele seiner Kollegen – ins Internet: „Ich kann zwar die Kritiker verstehen, die sagen, man muss aufpassen, dass die Kunst und Kultur nicht ihren Wert verlieren, wenn man jetzt alles kostenlos ins Netz stellt. Ich finde aber, man muss kurzfristig diesen Weg gehen, um zu zeigen: Man ist noch da und übt Solidarität. Letztendlich machen wir ja Musik, um die Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit zu spüren. Es wird jetzt schwer werden, aber es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Die Menschheit wird daran nicht zugrunde gehen.“

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