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Porträt Wu Wei

Dank des Lungenvolumens eines kleinen Wals

Wu Wei überwindet mit der chinesischen Mundorgel Sheng stilistische Grenzen. Zuweilen ist seine Kunst ist reiner Hochleistungssport.

vonChristoph Vratz,

Sie sieht ein bisschen aus wie eine Miniorgel für den Handbetrieb. Der Korpus besteht aus Pfeifen – anfangs 17, inzwischen auch über 20, sogar bis knapp 40 –, denen Luft zugeführt werden muss, damit sie einen Ton erzeugen. Da braucht es schon mal das Lungenvolumen eines kleinen Wals, um dieses Gebilde zum Klingen zu bringen.

Die Sheng, bis zu vier Kilo schwer, ist eines der ältesten Instrumente der Menschheit und stammt aus China. Wie leicht man mit ihr stilistische Grenzen überwinden kann, vom Jazz hin zur freien Improvisation, von ganz alter hin zu zeitgenössischer Musik, hat wohl in den letzten Jahren niemand so vielseitig bewiesen wie Wu Wei.

Vor inzwischen 27 Jahren kam Wu Wei aus seiner chinesischen Heimat nach Deutschland. In Berlin wurde er heimisch. Seine Kunst ist zuweilen reiner Hochleistungssport: „Ich muss manchmal gegen 80 Orchestermusiker ankommen. Ob du laut oder leise spielst, wumm, auf einmal ist die Luft weg.“ Daher heißt es, wie im Sport, täglich zu trainieren, und das wider die menschliche Natur: „Flatterzunge, Zirkular­atmung, alles keine normalen Abläufe.“ Dennoch, so rechnet er vor, verwendet er nur rund 30 Prozent seiner Zeit aufs Spielen. Der Rest? 70 Prozent widmet er den fälligen Reparaturen.

Wu Wei ist ein Botschafter der chinesischen Mundorgel

Wu Wei spielt die Sheng seit seinem 15. Lebensjahr, er gewann Wettbewerbe und schien auf der Überholspur: Dann fragte ihn einer seiner Lehrer, ob er denn auch schön spielen wolle? Wu Wei wollte, studierte in Nanjing (parallel auch Klavier), später in Shanghai, bis ihn ein Stipendium nach Berlin führte.

Die Vielseitigkeit der Sheng zeigt Wu Wei an mehreren November-Tagen in Bochum. Zunächst spielt er (16.11.) mit Organist Gunter Kennel Werke von Monteverdi bis Alain und Wei. Drei Tage später (19.11.) folgt die Uraufführung eines Doppelkonzerts für Sheng, Akkordeon und Orchester von Donghoon Shin mit den Bochumer Symphonikern und Tung-Chieh Chuang, bevor Wu Wei sonntags (20.11.) mit Wang-Li an der Maultrommel einen Duo-Abend bestreitet. Das Programm: „eine musikalische Begegnung unter Einsatz einer Vielzahl von Instrumenten –ein meditatives, kraftvolles, überraschendes Klangerlebnis“. Wu Wei fühlt sich längst als Botschafter eines ganz besonderen Instruments.

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