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Buch-Rezension: Wolfram Knauer – Duke Ellington

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Pflichtlektüre für jeden Duke Ellington-Fan: Wolfram Knauers neustes Buch zeichnet dessen Weg als Integrationsfigur des Jazz nach

vonJohann Buddecke,

Zugegeben, die Frage nach dem Mehrwert einer weiteren Buchveröffentlichung über die Jazzlegende Duke Ellington scheint in Anbetracht der Fülle an Publikationen in den letzten sechs Jahrzehnten berechtigt. Doch der Ansatz von Jazzpapst Wolfram Knauer, Ellingtons Biografie aus seinem künstlerischen Schaffen heraus zu erzählen, bringt viele Facetten seines Werkes und dessen Wirkungskraft auf den Jazz zum Vorschein, die so manch einem Jazzliebhaber bisher verborgen geblieben dürfte.

Knauer stellt Ellingtons Funktion als Integrationsfigur des Jazz ins Zentrum des Buches, beleuchtet seinen künstlerischen Werdegang inmitten der von Rassenwahn geteilten amerikanischen Gesellschaft und macht deutlich, dass „der Duke“ sein Wirken fernab von musikalischen Kategorien und rassistischen Vorurteilen sah. Dabei porträtiert Knauer Ellington einerseits als einen stets nach Modernität und künstlerischen Innovationen strebenden Komponisten, andererseits als menschenfreundlichen, immer auf die Individualität seiner Musiker eingehenden Orchesterleiter.

Jazzhistorische Einordnung Ellingtons

Die chronologisch aufgebaute Biografie entwickelt Knauer anhand der veröffentlichten Einspielungen Ellingtons. Dabei setzt er keineswegs auf eine lückenlose Präsentation der Vita, vielmehr liefert er einen detaillierten Einblick in Ellingtons Arbeitsweise und seinen stilistischen Werdegang vom „Jungle-Style“ des Cotton Club hin zum Lieferant sämtlicher Jazzstandards.

Die jazzhistorische Einordnung Ellingtons erfolgt fast beiläufig, jedoch nicht weniger prägnant. Durch die zahlreichen Verweise zur Diskografie können Knauers Ausführungen direkt „am Werk“ nachvollzogen werden, zudem bekommt der Leser durch umfangreiches Bildmaterial einen visuelle Eindruck der Karriere Ellingtons.

Der Mensch hinter der Musik

Obgleich Knauer durchaus gewisse Kenntnisse der Jazzgeschichte und seiner Personen, jazztypische Begrifflichkeiten sowie stilistischen Entwicklung voraussetzt, gelingt ihm eine, auch für Nicht-Ellington-Experten lesenswerte, profunde Charakterisierung des Ellington’schen Lebenswerks, welches sich sämtlichen Klassifizierungsversuchen zu entziehen versucht.

Einzig eine gewisse Redundanz im Aufbau der nach Jahrzehnten der Ellington-Karriere geordneten Kapitel kann der Autor nicht vermeiden, was den Gesamteindruck jedoch wenig trübt. Wer also den Menschen hinter der Musik kennenlernen und seine Wirkungskraft auf Musik und Gesellschaft nachvollziehen möchte, dem ist dieses Buch wärmstens zu empfehlen.

Duke Ellington
Wolfram Knauer
328 Seiten
Reclam

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