Der bekannte Schauspieler Sabin Tambrea hat bereits 2021 mit seinem Debüt „Nachtleben“ Literaturtalent bewiesen. Sein neuer Roman „Vaterländer“ handelt von Tambreas Familie. Darin geht es auch um Musik. Denn Mutter, Vater und Schwester sind Profis an der Violine. So gibt es Einblicke in das Erlernen des Geigenspiels. Das erlebt auch der junge Sabin, empfindet es jedoch als Qual. Die Liebe zur Musik entdeckt er erst im Kinderchor des Theaters Hagen und entscheidet sich für die Bühne. Eindrücklich wird das Solodebüt der Schwester Alina geschildert. Aber auch der Druck beim Vorspiel für Orchesterstellen.
Tambreas Vater setzt sich bei einer Konzerttournee in den Westen ab
Für Tambreas Vater Béla wird dies 1985 überlebenswichtig. Denn der Musiker aus Rumänien setzt sich bei einer Konzerttournee in den Westen ab, um sich und seine Familie aus der Ceaus,escu-Diktatur zu befreien. Béla erlangt eine Stelle im Exil-Orchester Philharmonia Hungarica in Marl, zwei Jahre später gelingt Ehefrau Rodica mit den beiden Kindern die Ausreise. Sabin Tambrea beschreibt einfühlsam und anschaulich. Wie er während Orchesterproben mit Yehudi Menuhin Fußball spielt, aber auch, wie die Traumata der Diktatur nachwirken. Erzählt wird aus der Perspektive des Kindes Sabin und aus der Sicht der Eltern, teils werden Briefe zitiert. Zudem gibt es den gut 80-seitigen Bericht des Großvaters Horea, der von 1949 bis 1951 im Würgegriff der Securitate war.
Diese Darlegungen zu Haft und Folter, die dieser 1991 verfasste, ein Buch im Buch, stellen einen Kontrast zum übrigen, oft poetisch gefärbten Ton des Romans dar. Stilistisch sind sie roher, sperriger zu lesen, da geschrieben als Zeitzeugnis mit dem Verlangen, das Unrecht zu benennen. Denn die Täter bewegten sich nach dem Sturz des Regimes oft weiterhin unbescholten im Alltag. Dieser Text dürfte auch Historiker interessieren. Eine sehr bewegende Familiengeschichte.
Vaterländer
Sabin Tambrea
Gutkind, 368 Seiten
24 Euro