Es treibt ihn um, nicht nur beim Nachdenken über „Musik als Medium des Unaussprechlichen“: Der Koordinator von BR-Klassik und Professor für multimediale Musikvermittlung an der Hochschule für Musik und Theater München plädiert für Musik, die als Medium einer Botschaft, einer Aussage oder einer Information dient und damit eine rein kommerzielle oder funktionale Vereinnahmung unterläuft. Michael Schmidt nimmt sich die Freiheit, anspruchsvoll zu sein. So trägt er den Lesenden seiner knappen Aufsätze keine runden Gedankengebäude auf, sondern setzt Appetizer über Werke, Komponisten und Querbeziehungen bis zur Weltmusik. Im Vergleich von künstlerischen Haltungen steht Verdi bei Schmidt für Humanismus, Wagner für Mythologie.
Der Titel „Zwischen Tönen“ meint in Kurzdarstellungen etwa über Schostakowitsch, Skrjabin, Johann Strauss, Beethoven (unter Betrachtung des Topos „Freiheit“) ebenso „Zwischen Positionen“, „Zwischen Theorien“, „Zwischen Deutungen“. Das macht Lust, Schmidts Anregungen selbständig zu erweitern. Er reiht facettenreiche Umleitungsempfehlungen zu bahnbrechenden Publikationen wie Catherine Cléments „Die Frau in der Oper“, einem Pionierwerk am Beginn feministischer Vertiefungen, oder zu Persönlichkeiten wie den Dirigenten Wilhelm Furtwängler, dessen Verhalten im „Dritten Reich“ sich einer strikten Definition als Anpassung oder Widerstand entzieht. Profunde Aha-Erlebnisse werden schon beim nächsten Hörerlebnis nach der Lektüre des schmalen Bandes nicht ausbleiben.
Zwischen Tönen – Musik im Kontext
Michael Schmidt
edition text+kritik, 120 Seiten
22 Euro