Der Gründungsdirektor des Zentrums für Gegenwartsmusik an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ weiß, wie und wo man der „Kunst des Komponierens“ teilhaftig wird, werden wird und wurde. Es ist ein sehr saloppes, locker geschriebenes und sprunghaftes Buch geworden – und deshalb von faktenreicher Informationsdichte. Nebenbei räumt Mahnkopf mit Vorurteilen auf. Er sticht in die Blase idenditärer Interpretationsnarrative, wenn er Kompositionen eine wesentliche Spezifizierung schwuler contra heteronormativer Klangsprachen abspricht. Er macht sich aber unangreifbar, indem er Hildegard von Bingen als erste „eigenständig komponierende Person“ würdigt. Auch durch den Hinweis, dass das Verhältnis von fraulichen zu männlichen Komponierenden in Taiwan zu dem in Europa trotz hiesiger Förderungsanreize noch immer genau umgekehrt ist.
Von Schubert bis Helene Fischer
Der Band enthält eine Hymne an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Forum und Aufführungsbiotop von Werken einer Kreativitätselite, die sich an Universitäten so locker bewegt wie kaum eine andere Gruppe. Die Wertigkeit von Musik zwischen Schlager, Pop, Filmmusik und klassischem Konzert kommt auch zur Sprache. Es sagt viel aus über den ernstzunehmenden Spaßfaktor dieser Phänomenologie eines schwer fassbaren Berufsbilds, dass zwischen Schuberts „Unvollendeter“ und Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“ nur wenige Zeilen liegen.
Die Kunst des Komponierens – Wie Musik entsteht
Claus-Steffen Mahnkopf
Reclam, 238 Seiten
26 Euro